Parteitag im Schatten der Urwahl: Söder will Chef bleiben

München - Ausgerechnet die Junge Union könnte die gute Stimmung auf dem geplanten Reformparteitag der CSU in München mitsamt der Neuwahl von Parteichef Markus Söder nachhaltig trüben. In einem Antrag für den Parteitag an diesem Freitag und Samstag fordert die Nachwuchsorganisation eine Urwahl für die Festlegung des nächsten Unions-Kanzlerkandidaten. Damit stellt sich die bayerische Junge Union (JU) gegen die Position der Parteichefs von CDU und CSU. Söder und Annegret Kramp-Karrenbauer präferieren die bisherige Praxis, in der sich die Parteichefs untereinander auf einen Kandidaten einigen.
Die Urwahldebatte hatte bereits in den vergangenen Tagen für Unruhe gesorgt, weil die Junge Union Deutschland beschlossen hatte, dass der Kanzlerkandidat von CDU und CSU von den Mitgliedern bestimmt werden solle. In der Union sehen viele darin den Versuch, eine Kandidatur von AKK zu verhindern. Die Bundesverteidigungsministerin wird am Samstag auch als Gastrednerin in München erwartet. Die CSU rechnet mit rund 1000 Delegierten und 2000 Gästen.
"Der gemeinsame Kanzlerkandidat der CDU/CSU wird per Urwahl von allen Mitgliedern beider Parteien bestimmt", heißt es im Antrag K10 der JU-Bayern. Sie begründet ihn damit, dass es neben guter Sachpolitik auch einen Kanzlerkandidaten brauche, "der von der breiten Basis der Mitglieder und unseren Stammwählern getragen wird, um wieder bessere Wahlergebnisse einfahren zu können".
Die Erfolgsaussichten des Antrags sind gering, er könnte aber die Stimmung und damit auch die mediale Botschaft des Parteitags beeinflussen. Eigentlich wollte die CSU mit der Wiederwahl von Söder, der Abstimmung über die Parteireform und der Rede von AKK ein Zeichen der neuen Geschlossenheit aussenden. Die Satzungskommission, der auch Söder angehört, hat die Ablehnung des Antrags empfohlen: "Eine gemeinsame Urwahl unter allen Mitgliedern von CDU und CSU würde der Stellung der CSU als eigenständige Partei nicht gerecht werden."
"Uns geht es nicht darum, irgendwelche Personaldebatten loszutreten", betonen dagegen die Antragsteller. "Es sollen vielmehr jetzt schon die richtigen Weichen für ein demokratisches, transparentes Nominierungsverfahren gestellt werden, bei dem sich der beste Kandidat mit den größten Erfolgsaussichten durchsetzt."
Für Söder ist es im Jahr 2019 bereits die zweite Abstimmung über seinen CSU-Chefposten. Im Januar hatte er das Amt von Horst Seehofer übernommen. Die Wahl ist Formsache, es gibt keinen Gegenkandidaten. Interessant ist aber, ob er sein Ergebnis steigern kann. Vor neun Monaten stimmten 87,4 Prozent für ihn. Obwohl Söder die CSU völlig unangefochten anführt, hat er seiner Partei viel abverlangt - vor allem in der Umwelt- und Klimaschutzpolitik ist sie jetzt auf einem grüneren Kurs. Bei der Abstimmung könnte ein schlechteres Ergebnis daher als Kritik an diesen Zielsetzungen gesehen werden.
Neben Söder wird der gesamte Parteivorstand neu gewählt. Bei den Stellvertretern soll es nur eine Veränderung geben: Der Augsburger Landrat Martin Sailer soll den scheidenden Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl beerben. EVP-Fraktionschef Manfred Weber, Europagruppenchefin Angelika Niebler, die Berliner Digital-Staatsministerin Dorothee Bär und Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml sollen Vize bleiben.
Am Samstag will die CSU eine große Parteireform beschließen: Mit einem 75-Punkte-Programm will die Partei ihr Image aufpolieren. Ziel des Leitantrags ist es, die CSU moderner, jünger, weiblicher und zur führenden Digitalpartei in Deutschland zu machen, um so den Wählerschwund zu stoppen. Dazu passend hat die CSU erstmals vor dem Parteitag die Mitglieder im Internet über die Bedeutung der Anträge abstimmen lassen. Mehr als 13 600 CSU`ler beteiligten sich an dem Prozedere, die meisten stimmten für Anträge zum Asylrecht, einem Verbot für K.-o.-Tropfen und das Ende des Solidaritätsbeitrages.
Unklar ist, ob es auf dem Parteitag auch bei der geplanten Ausweitung der Frauenquote noch einmal größere Debatten gibt. Die Vorsitzende der Frauen-Union der CSU, Ulrike Scharf, kritisierte am Donnerstag jedenfalls die Repräsentanz von Frauen in der CSU-Landesgruppe im Bundestag. "Damit können wir überhaupt nicht zufrieden sein", sagte sie der "Rheinischen Post".