Papst Freitag XIII. und das Abtropfgewicht von Babys
NÜRNBERG - Gegenwart und Zukunft: Werner Koczwara und Claus von Wagner bei den 25. Nürnberger Kabarett-Tagen.
Für den einen gehen fünf Milliarden Jahre „oft rum wie nix“, wenn man nur ein gutes Buch dabei hat, für den anderen sind „Drei Sekunden Gegenwart“ aber auch kein Grund zur Kurzatmigkeit. Claus von Wagner demonstrierte an diesem ausverkauften Wochenende des Wiedersehens (auch sein Münchner Kabarettpreiskollege Andreas Rebers war erneut dämonisch „Auf der Flucht“) am stärksten Entwicklungsschubkraft. Zukunftsschauer Koczwara, ganz Routinier am Dienst der Pointe, wollte lieber bestätigen als beunruhigen bei den 25. Nürnberger Kabarett-Tagen.
„Morgenland“ nannte der Schwabe, gerne als Paragraphenreiter der juristischen Apokalypse unterwegs, sein aktuelles Solo mit der eingebauten Zukunftsangst anfangs, wo sich „Papst Freitag der 13.“ und Kopftuch als eigenständiges Recht begegnen. Der jetzige Titel „Alles über Kabarett. Außer Tiernahrung“ präzisiert die Absicht ungemein besser. Ein ratternder Nachlasshandel mit „Obi-turienten“ und „Hypothekern“, Klimawandel (Dicke gegen die Erderwärmung: Sie machen öfter den Kühlschrank auf) und Brühwürfeln (in XXXL-Verpackung – der Warnhinweise wegen). Werner Koczwara hantiert mit alten Gerüchten und jüngsten Gerichten, solidem Wahnsinn und bildhaften Warnungen: „Wer den Kopf in den Sand steckt, muss mit dem Hintern atmen.“
„Wir stammen alle vom Getränkeautomaten ab,“ ergänzt Claus von Wagner. In einer Parallelwelt, wo es auch um künstliche Intelligenz (wenn das Wunsch-Joghurt anruft) und Universum geht (also Interviews mit Markus Söder: „unendlich leer und sie dehnen sich weiter aus“). Doch riskiert der Plüsch-Bayer mit dem Geburtsfehler (evangelisch, dialektfrei) zwischen Elternpein (wann kommt das Abtropfgewicht für Babys auf der Geburtsanzeige?) und Bürgerohnmacht („Es gibt zwei Dinge auf der Welt, da möchte man nicht bei der Entstehung dabei sein: Wurst und Gesetze“) den Ausfallschritt ins Theater. Mit Blockflöte (Weihnachten!), Luftballon (Psycho-Therapie!) und Handkasperl (Kapitalismus!) löscht Claus von Wagner seine Festplatte der Frustationen. Ein Speicher voller Kartons ist Schauplatz für den modernen Familienkonkurs, die Anwaltsrobe das passende Requisit. Albernheit der letzte Ausweg im respektablen Bitterwitz. Jetzt kann der „Spitzenreiter“ Butzko gerne kommen. daer
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