Pansch-Alarm!
Amtliche Prüfer: Ekel-Wein auch bei uns. Immer wieder stoßen die Lebensmittel-Kontrolleure auf unerlaubte Zusätze im Rebensaft. Darunter finden sich auch die Gesundheit gefährdende Chemikalien.
NÜRNBERG/ERLANGEN Ausgerechnet in Bella Italia, wo Geschmack und Stil so hoch im Kurs stehen, erfolgte der heimtückische Anschlag auf den Gaumen der Genießer. Rund 70 Millionen Liter gepanschter Wein sind in den Handel gelangt (AZ berichtete). Winzer und Behörden jenseits der Alpenkette schwören, dass die als Qualitätswein etikettierte Brühe die Landesgrenze nicht überschritten hätte. Mit der Wirklichkeit hat diese Behauptung freilich nichts zu tun. Gepanschter Wein aus Italien hat längst auch das Frankenland erreicht.
„Wir untersuchen derzeit eine Vielzahl von italienischen Weinen, die bei uns in den Handel gekommen sind“, sagt Susanne Hassen vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Erlangen. Die schnelle Reaktion der staatlichen Kontrolleure kommt nicht von ungefähr. Schon in der Vergangenheit stieß das Landesamt immer wieder auf gepanschten Wein. Fränkische Winzer erscheinen dabei noch wie eine Lichtgestalt in dem umkämpften Gewerbe. In der Jahresbilanz des Landesamtes heißt es: „Bei den in Franken produzierten Weinen waren kaum gravierende Rechtsverstöße zu verzeichnen. Anders sieht es bei den ausländischen Erzeugnissen aus.“
Aus Wasser mach Wein
Gesundheitlich unbedenklich ist die wenig feine Methode der wundersamen Weinvermehrung mittels Wassers. Doch das ist eher die harmlose Variante der jetzt zu Tage getretenen Missstände. Italienische Winzer haben den Rebensaft auch mit Düngemitteln, Salzsäure und sogar Krebs erregenden Chemikalien versetzt, um die Produktionskosten zu senken. In einzelnen Fällen bewegte sich der Weinanteil in den Flaschen bei nicht mehr als 20 Prozent.
Vor 20 Jahren wurde Italien schon einmal von einem Weinskandal erschüttert. Fast zwei Dutzend Menschen starben, weil skrupellose Produzenten den Wein mit Methanol versetzt und in den Handel gebracht hatten. Auf derart gravierende Verstöße stoßen die Lebensmittelkontrolleure in Erlangen nicht jeden Tag. Aber Wasser im Wein, der mit Rübenzucker dann geschmacklich wieder aufgepeppt wird, ist keine Ausnahme. Ebenso wenig wie die Anreicherung mit Glykol, das normalerweise als Frostschutzmittel für Autos dient.
Entsprechend hoch ist die Beanstandungsquote durch die LGL-Experten. 15 Prozent aller Weinerzeugnisse fallen durch.
Helmut Reister
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