Panda-Killer: Es waren die Zwerg-Hirsche

NÜRNBERG - Tiergartendirektor Dag Encke und seine Mitarbeiter können ganz tief durchatmen. Die schlimmste aller Befürchtungen, dass nämlich ein sadistischer Tierquäler den Kleinen Pandabären Sikkim (11) und Shiwa (3) den Bauch aufgeschlitzt haben könnte und sie dann qualvoll verenden ließ, haben sich nach AZ-Informationen nicht bestätigt.
Die toten Pandabären wurden im Auftrag des Tiergartens mittlerweile von Experten des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittel (LGL) in Erlangen untersucht. Noch liegt das Gutachten der Behörde nicht in schriftlicher Form vor, doch die AZ erfuhr aus sicherer Quelle: Die beiden Bären wurden dem Ergebnis der Untersuchungen zufolge mit größter Wahrscheinlichkeit von den im gleichen Gehege lebenden Muntjaks (kleine Hirsche) getötet. Eine andere Ursache für das Drama kommt nach Einschätzung der LGL-Experten nicht in Betracht.
Tiergarten-Chef Encke und sein Vize Helmut Mägdefrau hatten eine derartige Möglichkeit bisher für „absurd“ gehalten. Ihren Angaben zufolge hätten die Hirsche und Bären seit Jahren friedlich im gleichen Gehege gelebt und sich sogar gegenseitig in ihren Unterkünften besucht. Das könnte sich allerdings schlagartig geändert haben.
Die Allesfresser haben kräftige, spitze Hörner
Am Sonntag war ein Junges der Hirsche von den Bären angefallen und getötet worden. Als ein Mitarbeiter des Tiergartens das tote Muntjak-Baby aus dem Gehege holte, hätten sich die Hirsche nach Angaben von Mägdefrau allerdings völlig ruhig verhalten. Es sei schon mehrfach vorgekommen, dass die Pandas Hirschjunge getötet hätten, sagte er. Doch möglicherweise regierten die Muntjaks diesmal nicht in der gewohnten Weise. Die Allesfresser haben kräftige, spitze Hörner und gewaltige Hauer und erlegen damit in freier Wildbahn auch Beutetiere.
Verwundert ist Mägdefrau trotzdem: „Wenn die Muntjaks die Bären angegriffen haben, hätte man eigentlich Abwehrspuren finden müssen.“ Doch die Hirsche wiesen offensichtlich keinen einzigen Kratzer auf.
Helmut Reister