Pädophiler Kinderarzt: Über 20 Buben gequält

Augsburg - Der kleine Jayden ist fünf, als er im vergangenen Jahr durch Garbsen in Niedersachsen radelt. Ein fremder Mann spricht ihn an und zerrt ihn in sein Auto. Während seine verzweifelte Mutter und die Polizei nach dem Buben suchen, macht er – betäubt mit einem Schlafmittel – die Hölle durch: Sein Entführer nimmt ihn mit in seine Wohnung und missbraucht ihn. Nach zwei Stunden setzt er Jayden auf einer Straße aus.

Wenige Wochen später nimmt die Polizei in Augsburg einen Mann fest. Es ist der beliebte Kinderarzt Harry S. Am Montag beginnt das Gerichtsverfahren gegen ihn. Dabei geht es nicht nur um die Entführung und Vergewaltigung von Jayden, sondern um zahlreiche weitere Fälle.

Der Angeklagte

Harry S. ist heute 40 Jahre alt. Der Augsburger hat an Kliniken in Augsburg, München und Hannover praktiziert und war ehrenamtlich beim Roten Kreuz tätig. Medienberichten zufolge war er bei Patienten und Kollegen immer beliebt. Von seiner dunklen Seite will keiner etwas geahnt haben. Zum Zeitpunkt seiner Festnahme hat er als Assistenzarzt an der Medizinischen Hochschule Hannover gearbeitet. Seit mehr als einem Jahr sitzt er in Untersuchungshaft.

Die Vorwürfe

Der Arzt soll sich von 1998 bis 2014 an mindestens 20 Buben vergangen haben, die meisten von ihnen im Alter von fünf bis acht Jahren. Zwei seiner Opfer sollen Kinder seiner Lebensgefährtinnen gewesen sein. Die anderen hat er sich willkürlich ausgesucht. Er soll sie in Augsburg, München und Nürnberg an entlegene Orte wie Tiefgaragen oder Keller gelockt haben. Teilweise soll Harry S. den Missbrauch auch fotografiert haben. Erst 2014 bringt der grausame Fall von Jayden die Ermittler auf seine Spur.

Die Ermittler finden Zehntausende Fotos und Videos bei dem Beschuldigten. Das Alter der dort gezeigten Opfer soll vom Säuglings- bis zum Jugendalter reichen. Auch Gewaltdarstellungen und Szenen mit Tieren gibt es.

Der Prozess

Wegen des Alters der Opfer wird der Prozess an der Jugendkammer des Augsburger Landgerichts geführt. Zunächst sind 17 Verhandlungstage bis Mitte Februar 2016 festgelegt. Mit einem Urteil sei dann aber noch nicht zu rechnen, sagt ein Gerichtssprecher. Es sind bereits weitere Termine reserviert. In dem Prozess werden 14 Opfer als Nebenkläger durch Anwälte vertreten. Wenn Harry S. sich äußert, kann er den Kindern eine Aussage ersparen. Bisher schweigt er aber.