„Oster-Fest“ – Das Bistum Passau hat wieder einen Bischof
„Pummerin“, die große Glocke im Dom St. Stephan, erklingt und die Menschen im Bistum Passau wissen: Sie haben endlich wieder einen Bischof. Freude und Erleichterung, aber auch die Erwartungen an Stefan Oster sind groß.
Passau – Als Stefan Oster die bischöflichen Insignien - den Ring, die Mitra und den Hirtenstab – bekommt, brandet Applaus auf. Der Beifall der 1500 Menschen im Pasauer Dom St. Stephan und den mehreren Tausend auf dem Domplatz begleitet ihn am Samstag zur Kathedra, dem Bischofsstuhl, der eineinhalb Jahre unbesetzt war. Im Gepäck hat der 85. Oberhirte aber auch einen großen Rucksack an Erwartungen und Hoffnungen seiner Gemeinde.
Dabei ist er der jüngste Oberhirte eines deutschen Bistums. Die Gläubigen setzen aber gerade auf die jugendhafte, glaubensstarke und unkonventionelle Art des 48-Jährigen. Der Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx, der die Zeremonie leitet, weiß um die besonderen Fähigkeiten Osters. „Er ist ein kommunikativer Mensch, freundlich und offen – was für ein Geschenk, gerade für einen Bischof“, sagt Marx in seiner Ansprache.
Als Bischof soll Oster die Menschen zusammenführen. Finni Hofbauer aus Ortenburg bei Passau setzt vor allem ihre Hoffnungen auf den Menschen Oster, der als spätberufener Priester auch das normale Leben kennt. „Er weiß um die Probleme der Gesellschaft, vor allem der jungen Leute.“ Ihr Mann Rudi ist überzeugt, dass der neue Bischof sicherlich die offenen Fragen angehen wird. „Er kann zwar sicherlich nicht alle zufriedenstellen, er wird es aber ganz bestimmt versuchen.“
Das Ehepaar hatte wie viele andere auch keinen Platz mehr im vollbesetzten Dom gefunden und mit tausenden Gläubigen auf dem Domplatz die Liveübertragung auf der Großleinwand verfolgt. Für die Menschen ist Weihe des Bischofs ein „Oster-Fest“. „Ich hoffe, dass er die Menschen mitreißt, dass wir gemeinsam etwas verändern“, sagt Annemarie Dahlig. Sie war am Morgen mit dem Bus aus Mauerburg (Landkreis Altötting) angereist und hatte sich bereits zwei Stunden vor Beginn der Weihe bei strahlendem Sonnenschein in die vorderste Reihe des Domplatzes gesetzt.
Auffällig ist am Weihetag, dass viele junge Menschen den Weg zum Dom gefunden haben. Nicole Nagel aus Kirchham (Landkreis Passau) leitet einen Kindergarten und hofft, dass der neue Bischof die jungen Menschen wieder an die Kirche heranführen kann. „Als junger Mensch ist der Bischof der Jugend und den Kindern viel näher und kann ihnen vielleicht auch wieder Halt durch den Glauben geben“, sagt die 34-Jährige. Was hat dieser Mann an sich und worauf stützen sich die Erwartungen, die katholische Kirche zu verändern?
Die Antwort liegt vor allem in der für einen klerikalen Würdenträger ungewöhnlichen Vita. Als Jugendlicher trampte Stefan Oster um die Welt, schlief auch schon mal an der Straße. Um die Reisen zu finanzieren, bringt er sich das Jonglieren bei und tritt als Gaukler und Clown auf. Dann wird er Journalist und hat bereits viel vom normalen Leben mitbekommen, ehe er Philosophie und Theologie studiert.
Erst mit 35 Jahren wird er zum Priester geweiht und widmet sich als Seelsorger vor allem der Jugend. Auch bei der rund dreistündigen Weihe zeigt Stefan Oster seine jugendlich wirkende Art. Beim Einzug in den Dom kann und will er seine Gefühle nicht zurückhalten. Er winkt enthusiastisch dem Gebetskreis „God for You(th)“ aus Benediktbeuern zu, den er lange geleitet hat. Als die Gruppe singt, wippt er als einziger der 24 anwesenden Bischöfe im Takt und singt mit.
Der Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Alois Glück, ist sicher, dass der junge Bischof seine Erfahrungen von seinem Lebensweg einbringen, wird. „Wir dürfen ihn aber nicht mit Erwartungen überfrachten oder belasten“, warnt Glück. Oster werde Wege erschließen und ein Brücke sein. Der neue Bischof weiß um die dringlichsten Probleme der katholischen Kirche und ruft in seiner ersten Ansprache im Dom zum Dialog auf.
„Eine Aufgabe für die Zukunft wird also sein, dass wir einander wirklich von neuem Räume von Begegnung und Glaubenskommunikation erschließen, in denen wir miteinander ehrlich und offen fragen, ringen, suchen, Gott anbeten und eben auch Zeugnis geben können.“ Es gebe konservative und liberale Christen, „aber wir müssen aufpassen, nicht gegenseitig zum Klischee und zur Karikatur zu werden“.
Als er dann nach dreistündiger Zeremonie den Dom mit der Mitra auf dem Kopf verlässt, brandet nochmals Jubel auf dem Vorplatz auf. Viele Stunden hatten die Gläubigen auf Biertischen und den wenigen Grünflächen ausgeharrt, um ihren Bischof zu sehen. Die vielen Menschen wirken wegen der Sonne, die unbarmherzig auf ihre Köpfe schien, zwar etwas erschöpft, aber auch glücklich. Nach eineinhalb Jahren haben sie wieder einen Bischof, der ihnen Hoffnung gibt.
Nach dem Gottesdienst sagt Oster zu den mehr als 2000 Gläubigen auf dem Domplatz: „Bischof ist man nicht für sich, sondern für die anderen. Ich will es für euch sein. Mit Jesus Christus bleiben wir jung im Herzen.“ Und die ganze Anspannung scheint nun von ihm abgefallen zu sein. Zum Ablauf der Weihezeremonie gesteht er: „Einmal bin ich falsch gelaufen. Da haben Sie mich zurückgepfiffen.“ Auf dem Domplatz hatte die bischöfliche Brauerei Hacklberg während des Gottesdienstes für kostenlose alkoholfreie Getränke gesorgt.
Dazu scherzte Oster: „Meine Brauerei. Die jungen Leute aus Benediktbeuern haben mir gesagt, das Beste am Bischof-Sein sei, dass ich jetzt Brauereibesitzer bin.“
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