Ostallgäu: Kühe an der Kette, aber kein Handlungsbedarf

Sie stehen in ihrem eigenen Dreck, müssen an eine graue Wand starren. Diese Bilder stammen aus dem Allgäu. Was sagen die Behörden und der Bauernverband dazu?
von  Helmut Reister
Dieses Foto hat der Verein im Jahr 2017 gemacht - die Unterschiede sind marginal.
Dieses Foto hat der Verein im Jahr 2017 gemacht - die Unterschiede sind marginal. © Soko Tierschutz

Memmingen - Ein Foto erhitzt die Gemüter. Es zeigt Milchkühe in einem Stall im Ostallgäu, kurz angebunden, in Kot stehend oder liegend, mit direktem Blick auf eine verdreckte und fensterlose Wand. Ist das der Alltag auf Bauernhöfen oder nur ein Ausnahmefall?

Als der Verein "Soko Tierschutz" vor zwei Jahren das Foto im Internet veröffentlichte, setzte ein regelrechter Shitstorm ein. "Uns wurde unterstellt, dass das Foto manipuliert ist, dass es vor Jahrzehnten entstanden ist, dass es einen osteuropäischen Betrieb zeigt. Wir wurden angefeindet, beleidigt, bedroht", beschreibt Friedrich Mülln von der Soko Tierschutz den Inhalt von unzähligen Kommentaren, die auf den Verein niederprasselten.

Dieses Foto hat der Verein im Jahr 2017 gemacht - die Unterschiede sind marginal.
Dieses Foto hat der Verein im Jahr 2017 gemacht - die Unterschiede sind marginal. © Soko Tierschutz

Zustände sind "skandalös"

Jetzt, genau zwei Jahre später, haben die Tierschützer den Bauernhof wieder besucht und erneut Fotos aus der gleichen Perspektive gemacht. Die Unterschiede sind minimal, die Zustände, die die Aktivisten als "skandalös" bezeichnen, unverändert.

Mülln hat die Bäuerin, die die Kühe hält, beim Veterinäramt Ostallgäu angezeigt. Um Behauptungen vorzubeugen, dass der Stall im "Niemandsland" steht, hat er den aktuellen Fotos auch noch die exakten Koordinaten zum Standort hinzugefügt. Das Veterinäramt, angesiedelt beim Landratsamt Ostallgäu, hat offensichtlich weniger Zweifel an der Authentizität der Milchkühe-Fotos. "Wir werden den Vorwürfen nachgehen", erklärt Regierungsdirektor Ralf Kinkel beim Landratsamt Abteilungsleiter für Kommunalrecht, Sicherheit und Verbraucher.

Die Überzeugung, dass die Anbindehaltung von Milchkühen, also deren Fixierung, eine Form von Tierquälerei darstellt, teilen alle relevanten Tierschutzorganisationen. Das Fazit von Friedrich Mülln fällt entsprechend kühl aus. "Berechnet auf die Größe der Tiere", sagt er, "haben Milchkühe in Anbindehaltung weniger Bewegungsfreiheit als Käfighühner."

Tausende bayerische Betriebe halten Tiere in Anbindehaltung

Für den Bayerischen Bauernverband ist die Anbindehaltung zwar ein Thema, mit dem sich betroffene Betriebe langfristig auseinandersetzen müssten, aber keins mit dringendem Handlungsbedarf. Eine gesetzlich festgelegte Frist für ein Ende der Fixierung der Tiere wäre dem Bauernverband mehr als ein Dorn im Auge, wie aus verschiedenen Erklärungen hervorgeht.

Nach Angaben des Verbands hält rund die Hälfte der 30.000 Milchviehbetriebe in Bayern die Tiere in Anbindehaltung. Und der Bauernverband, wie auf dessen Internetauftritt nachzulesen ist, ist sich in einem Punkt auch sicher: "Die Ställe mit Anbindehaltung entsprechen dabei den gesetzlichen Anforderungen." Auch der Hof im Ostallgäu?

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