Orkantief "Andrea" wütet in Bayern

Blockierte Straßen, ausgefallene Züge, geschlossene Skigebiete, Zoos und Parks und ein tödlicher Unfall - "Andrea" wütet über Bayern. Und soll noch deutlich stärker werden.
von  dpa, dapd

München/ Kempten/ Regensburg - Sturmtief Andrea hat am Donnerstag in ganz Bayern Polizei und Feuerwehr beschäftigt. Und nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in München ist noch kein Ende in Sicht: Der Sturm soll im Laufe des Tages noch deutlich stärker werden. Bayernweit sei mit Gewittern, Starkregen und Schneeschauern sowie orkanartigen Böen zu rechnen. Diese könnten im Flachland Geschwindigkeiten von bis zu 120 Kilometern pro Stunde (Windstärke 11) erreichen.

Bisher hat "Andrea" schon einigen Schaden angerichtet: 

In der bayerischen Landeshauptstadt zählte die Polizei am Morgen bereits mehr als 70 Einsätze. Bauzäune, Verkehrszeichen und Mülltonnen wurden umgeweht – einige Male wurden parkende Autos beschädigt. Sogar Balkonmöbel wurden auf die Straße geweht. Die Zoos in München und Augsburg bleiben wegen der Unwetterwarnung geschlossen. Die Leitung habe sich zu dieser „Sicherheitsvorkehrung“ entschieden, „weil wir ein paar große Bäume haben“, sagte eine Sprecherin des Münchner Tierparks Hellabrunn auf dapd-Anfrage.

Gefährliche Tiere blieben in den Käfigen

Empfindliche Tiere wie etwa Antilopen sollten in den Innenbereichen bleiben. „Unsere gefährlichen Tiere sind seit der Nacht drinnen“, sagte die Sprecherin und verwies auf Ausbruchgefahr bei Sturmschäden an den Gehegen. Zuletzt hatte der Tierpark witterungsbedingt im Jahr 2006 geschlossen, damals wegen Schneefalls. Auch der Augsburger Zoo blieb am Donnerstag zu. Der Nürnberger Tiergarten und der Tiergarten Straubing hingegen waren für Besucher geöffnet.

In München warnte außerdem die Bayerische Schlösserverwaltung davor, den Englischen Garten zu betreten, nachdem der Sturm mehrere Bäume umgeworfen hatte. In Augsburg wurden der botanische Garten und die städtischen Friedhöfe geschlossen.

In und um München waren auch Bahnstrecken vom Unwetter betroffen. Nach einem Blitzeinschlag kam es bei der S8 zu Verspätungen, andere Strecken mussten wegen Bäumen auf den Gleisen oder Ästen in der Oberleitung teilweise gesperrt werden. Das galt auch für die Bahnstrecke Holzkirchen-Rosenheim. Pendler auf dieser Strecke traf es gleich doppelt hart: Auch der Ersatzbus konnte nicht ohne Probleme fahren. Die parallel verlaufende Straße war ebenfalls teilweise gesperrt.

Frau gerät auf Gegenfahrbahn und stirbt

Im Landkreis Wunsiedel geriet das Auto eines 19-Jährigen durch Sturm und Regen auf die Gegenfahrbahn, wo es mit dem Wagen einer 43-Jährigen zusammenstieß. Für die Frau kam jede Hilfe zu spät, der 19-Jährige wurde mit Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht.

In Augsburg und Mehringen wurden zwei Seniorinnen verletzt. Sie seien durch Windböen gestürzt, erklärte die Feuerwehr. Beide Frauen mussten stationär im Krankenhaus aufgenommen werden.

In weiten Teilen des Landes blockierten umgestürzte Bäume die Straßen, die daraufhin gesperrt werden mussten. In Regensburg und Thannhausen wurden die Dächer eines Möbelhauses und eines Supermarktes abgedeckt. Um die umherfliegenden Teile des Wellblechdaches in Regensburg zu bergen, wurde die Autobahn 3 zwischen Nürnberg und Passau auf einer Länge von etwa fünf Kilometern zeitweise komplett gesperrt. Bei Helmstadt wurde die A 3 teilweise gesperrt, nachdem ein Lastwagen von einer Windböe zum Schlingern gebracht und sein Anhänger umgekippt war.

Auch in Schwaben musste die A 8 wegen eines Baumes kurzzeitig gesperrt werden. Zudem kam es in Oberbayern auf dieser Autobahn und der A 95 zu Behinderungen.

Nicht nur die Straßen, auch die Schienen wurden von "Andrea" in Mitleidenschaft gezogen: Ein umgestürzter Baum beschädigte einen Zug zwischen Geltendorf und Augsburg. Die Bahnstrecke wurde zeitweise gesperrt. Die Hauptstrecke Stuttgart-München zwischen dem Augsburger Hauptbahnhof und Augsburg-Hochzoll musste laut Deutscher Bahn ebenfalls 50 Minuten lang gesperrt werden.

Skigebiete oft nur teilweise geöffnet

Der Sturm machte auch den Wintersportlern einen Strich durch die Rechnung. Auf Deutschlands höchstem Berg, der 2962 Meter hohen Zugspitze, ruhte der Ski- und Freizeitbetrieb vollständig. „Wir lassen niemanden hinauf“, sagte eine Sprecherin der Zugspitzbahn. „Die Sicherheit unserer Gäste geht vor. Warum sollen wir Leute auf die Zugspitze hinaufschicken, wenn sie oben den Finger nicht durch Türe stecken können?“

Für die Experten des Deutschen Wetterdienstes war die Arbeit alles andere als angenehm. Bei minus neun Grad fegte ein Sturm mit Orkanstärke über die Zugspitze. Zudem herrschte starkes Schneetreiben, wie Dirk Petzner berichtete. „Die Sicht beträgt gerade einmal 40 Meter.“ Zum Vergleich: Bei schönem Wetter beträgt die Fernsicht auf der Zugspitze 260 Kilometer.

Auch in anderen großen Skigebieten im Freistaat blieben zahlreiche Lifte geschlossen. Meist mussten die Anlagen in höheren und exponierten Lagen auf den Betrieb verzichten, während in niedrigeren und windgeschützten Lagen der Betrieb möglich war, wie im Gebiet Garmisch-Classic geöffnet. 

Zudem waren unter anderem die Skigebiete um Oberstdorf, das Brauneck, das Sudelfeld und die Bahnen am Spitzingsee betroffen. Auch in den Höhenlagen der Allgäuer Alpen war kein Skibetrieb möglich. „Ab einer gewissen Windstärke ist es für die Gäste nicht mehr zumutbar“, sagte Augustin Kröll, Geschäftsführer der Oberstdorfer Bergbahnen. Sämtliche Lifte in den Höhenlagen hätten den Betrieb aus Sicherheitsgründen eingestellt. Die meisten talnahen Lifte würden jedoch fahren.

 

 

 

 

 

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