Opferanwalt: Ermittlungen zu Wiesn-Attentat ziehen sich hin

Eine Bombe tötet 1980 auf dem Oktoberfest zwölf Besucher und verletzte mehr als 200. Auch der rechtsextreme Attentäter starb. Wieder wird zu möglichen Hintermännern ermittelt.
von  dpa
Ein Sarg wird vom verwüsteten Tatort beim Oktoberfest 1980 weggetragen. Foto: Frank Leonhardt/Archivbild
Ein Sarg wird vom verwüsteten Tatort beim Oktoberfest 1980 weggetragen. Foto: Frank Leonhardt/Archivbild © dpa

München (dpa/lby) - Das Verfahren um das Oktoberfest-Attentat von 1980 wird sich nach Einschätzung von Opferanwalt Werner Dietrich vor einem endgültigen Abschluss noch mehrere Monate hinziehen. Vor einer möglichen Abschlussverfügung habe er als offizieller Vertreter von 15 Opfern die Möglichkeit zur Akteneinsicht und zur Stellungnahme, sagte Dietrich am Montag. Die Bundesanwaltschaft äußerte sich nicht zum Zeithorizont. "Die Ermittlungen dauern an", sagte ein Sprecher der Behörde. Am Freitag war bekannt geworden, dass die Ermittlungen nach fast fünf Jahren vor einem Ende stehen. "Es gibt keine letztliche Klärung", hatte die "Süddeutsche Zeitung" einen Fahnder zitiert.

Dietrich hatte das neue Verfahren in Gang gebracht. Er hatte über Jahrzehnte weiter recherchiert und Wiederaufnahmeanträge gestellt, der dritte war 2014 erfolgreich. Bei dem Anschlag am 26. September 1980 starben 13 Menschen, darunter der Bombenleger und Rechtsextremist Gundolf Köhler. 211 Menschen wurden verletzt. Das Verfahren wurde damals rasch eingestellt: Die Behörden sprachen von einem Einzeltäter, der aus rein privaten Motiven handelte. Angehörige und Opfervertreter bezweifelten das stets. Zeugen berichteten, dass Köhler, der zeitweise mit der rechtsextremistischen "Wehrsportgruppe Hoffmann" trainierte, am Abend des Attentats nicht allein war.

Zu Ergebnissen der neuen Ermittlungen äußerte sich Dietrich nicht. "Ich bin mitten in der Akteneinsicht." Insbesondere habe er noch keine Einsicht in Verschlusssachen und Geheimdienstunterlagen gehabt, die nur in Karlsruhe einsehbar seien. "Ob die beigezogenen Unterlagen vollständig sind, oder etwas unterdrückt oder geschreddert wurde, kann ich natürlich erst sagen, wenn sich die Unterlagen gesehen habe." Bei den früheren Ermittlungen hatte es viele Pannen gegeben, Zeugen wurden nicht ausreichend gehört, Asservate vernichtet.

Dietrich kritisierte scharf, dass vor einem offiziellen Abschluss des neuen Ermittlungsverfahrens Ergebnisse herausgesickert seien. Er sei "befremdet und empört", dass vorab Informationen herausgegeben worden seien.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) stellte unterdessen weitere finanzielle Unterstützung für die Opfer in Aussicht. Vor gut einem Jahr hatte der Stadtrat einmalig 50 000 Euro bereitgestellt. Das Geld war rasch aufgebraucht. "Deshalb werden wir jetzt noch mal aufstocken", sagte Reiter der "Süddeutschen Zeitung" vom Montag. Es sei auch beim Bundesamt für Justiz angefragt, um Unterstützung aus dem Fonds für Terroropfer zu bekommen. Auch das Land Bayern sei gefragt.

Dietrich schlug vor, die zu beteiligen, die am Oktoberfest gut verdienten. "Wir fordern auf jeden Fall, dass die Wiesnwirte, insbesondere die Betreiber der großen Zelte, namhafte Beträge in einen Entschädigungsfonds für die Opfer einzahlen", sagte er. "Viele der Opfer sind körperlich und psychisch schwerst beeinträchtigt." Das sei auch bei den neuerlichen Vernehmungen deutlich geworden.

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