Om, wie war das schön!

NÜRNBERG - Exiltibeterin mit Sendungs- bewusstsein: Yungchen Lhamos ätherische Hymnen machten den Nürnberger "Hirsch" zum Dom des Om.
Wunder gibt es immer wieder: Dass der Nürnberger Hirsch, diese ausgebuffte Party-Höhle, mal zum Dom des Om mutieren könnte, zählt eindeutig zu den überirdischen Erlebnissen. Dort steuert Tibets Hochgebirgsstimme Yungchen Lhamo (41) im Schein der Lhasa-Strahlen ihr tiefer gelegtes Mantra-Modell mit Bioenergie-Antrieb in die kollektiv trainierte Sechs-Silben-Erlösung: „Om Mani Padme Hum“ singt die Bierbank-Gemeinde am Ende der spirituellen Sinnsucher-Sitzung sichtlich bewusstseinserweitert den berühmtesten aller buddhistischen Gebetsmühlen-Exporte mit.
Es geht um gesäuselte Weisheit, um reinen Geist und reinen Lotus, die Kraft der zwei Herzen und die Qual der westlichen Auswahl, das Verderben der Ego-Zentriker und Lächel-Verweigerung. Yungchen Lhamo, die als Exil-Tibeterin bei Peter Gabriels Weltmusik-Familie begann und seit acht Jahren in New York Stressresistenz probt, denkt Gutes und singt darüber. In ätherischen Hymnen, die strikt gravitätisch und kunstvoll sind mit ihrer abgehobenen Gleitflug-Aura und gerne auch nur in das Summen des Daseins münden.
Vom strengen Himmelsweiß wechselt Lhamo nach der Pause in bodenlanges Wasserblau und wiegt am Ende – wenn Worldbeat und eigene Songs zunehmend die Andachtsstarre auflösen – gar die Hüften, während Büdi Siebert (Flöten, Perkussion) und Matthias Frey (Keyboard) den Magie-Klang vollenweidern. Lauter Entspannungsübungen als exotische Projektionsflächen. Das geht doch runter wie Massageöl. Dankbarer Jubel.
Andreas Radlmaier