Ökoschuh-Duo aus Rosenheim hofft auf großen Durchbruch
Rosenheim - Angefangen haben Matthias Drexlmaier (27) und Maximilian Hundhammer (28) vor sechs Jahren, als Studenten. Sie wollten Outdoor-taugliche, fair und ökologisch produzierte Sandalen anbieten. Dafür bauten sie eine Kooperation mit den Caritas Wendelstein Werkstätten für Menschen mit Behinderung auf und gründeten die Firma Doghammer.
Inzwischen zählt das durch Crowdfunding und Eigenkapital finanzierte Unternehmen aus Rosenheim acht Angestellte. Seit 2018 produziert man neben Zehentrennern auch Wander-, Trekking- sowie Hüttenschuhe und das in einer Manufaktur bei Porto. "Portugal ist das Mekka für Kork", sagt Hundhammer.
Schuhe aus umweltschonenden Materialien
Kork gilt als besonders umweltschonender Rohstoff und in Schuhen als atmungsaktiv und robust. Doghammer setzt größtenteils auf solche Naturmaterialien. "Nach Möglichkeit" sollen diese aus Europa und nicht aus Fernost kommen, sagt Hundhammer. Sohlen kaufe man häufig aus Deutschland, Wollfilz aus Italien. Man versuche außerdem zu recyceln.
Kunden könnten etwa in kooperierenden Schuhgeschäften Weinkorken abgeben, die beim Partner in Portugal zu Granulat verarbeitet würden. Produktionsreste aus der Skisteigfell-Industrie oder upgecycelte Kletterseile verwende man ebenso wie alte PET Flaschen; letztere werden zu PET-Filz für vegane Schuhe verarbeitet.

Ein mit diesem Konzept generierter Mehrwert bedeutet für Hundhammer Nachhaltigkeit. Einfache Wanderschuhe kosten da schnell mal 140 Euro. Man könne dafür "mit gutem Gewissen einkaufen", sagt Hundhammer. "Alles ist transparent und ein fairer Anteil geht an die Produzenten."
Ökoschuhe sind keine Massenware
Welchen Beitrag leisten Firmen wie Doghammer für eine nachhaltige, faire Schuhproduktion? Solche Ökoschuhe, sagt Michael Tackenberg, sprächen vergleichsweise wenig Leute an, seien keine Massenware. Die komme aus Asien. Tackenberg führt in Rosenheim ein Schuhgeschäft, kennt Doghammer.
Er ist Vorsitzender von CADS, einer Initiative des Bundesverbands der Schuh- und Lederwarenindustrie. CADS ist nach Eigenangabe eine "Kooperation für abgesicherte definierte Standards bei den Schuh und Lederwarenprodukten".
Doghammer bietet Reparatur und Neubesohlung an
Tackenberg glaubt, dass umweltbewusstes Produzieren in der Schuhindustrie langsam vorangetrieben werden müsse, um ein Bewusstsein zu schaffen. Die CADS-Mitglieder - darunter seien große Produzenten, aber auch Materiallieferanten - setzten sich hohe Standards. Man gebe weltweit Seminare, arbeite mit Best-Practise-Beispielen. Der Spagat sei freilich "total schwer".
Abfallprodukte wie Plastikflaschen zu verwerten, sieht Tackenberg skeptisch. Besser sei es, gebrauchte Schuhe zurückzunehmen und zu verwerten. Doghammer bietet eine Reparatur und Neubesohlung an.
Gelingt dem Ökoschuh der Durchbruch?
Schuhe aus Natur- und Recyclingmaterialien machten einen Marktanteil von geschätzt drei bis fünf Prozent aus, sagt Brigitte Wischnewski. Die 70-Jährige ist Präsidentin des Bundesverbands des Deutschen Schuheinzelhandels. Für Kunden am wichtigsten seien nach wie vor Aussehen und Vielfalt der angebotenen Schuhe. Bei Doghammer habe man 2020 rund 10.000 Paar Schuhe verkauft, sagt Hundhammer. Zum Vergleich: Der Schuh- und Lederwarenverband beziffert die Umsätze der deutschen Schuhindustrie 2020 auf 2,8 Milliarden Euro.

Doghammer-Schuhe sind bislang vor allem in Sportfachgeschäften oder Nachhaltigkeits-Shops zu finden. Neue Handelspartner zu gewinnen, sei gerade schwierig; angesichts der Corona-Situation würden viele auf Bewährtes setzen, sagt Hundhammer. Das meiste Geschäft lief zuletzt über den eigenen Online-Shop. Dennoch soll die Firma wachsen. Man suche gerade Investoren. Um das Geschäft auszuweiten, zog man erst in einen Pop-up-Store, zuletzt in eine Boulderhalle.
Dort sollen bald auch Workshops für Kunden stattfinden. Denn nach Corona, glaubt Hundhammer, müsse man Kunden weitere Anreize bieten, wenn diese wieder mehr stationär einkaufen sollen. Abnehmer für Schuhe aus Naturmaterialien fänden sich indes weiter primär in Großstadt-Communities, entlang einzelner Reihen innerhalb gut laufender Marken oder spezialisierter Produzenten, so Wischnewski. Sie erinnert sich an frühere Nachhaltigkeitstrends in der Branche, die wieder versandeten.
Voraussetzung für den Durchbruch sei ein allumfassendes gesellschaftliches Bewusstsein für Nachhaltigkeit, bei Kleidung, Ernährung und Einrichtung. Dann könnte es langfristig klappen: mit dem Traum vom Ökoschuh als Massenware.
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