Oberland überlaufen: "Münchner, fahrt nicht in die Berge"

Miesbach - Zugeparkte Wiesen, kilometerlange Staus und unzählige Ausflügler: Die Situation rund um Miesbach scheint am Wochenende schlimm gewesen zu sein.
So schlimm, dass der dortige Landrat Olaf von Löwis einen Brandbrief per SMS an Ministerpräsident Markus Söder (beide CSU) geschrieben hat, wie er selbst mitteilte.
"Bei uns ufert der Tagestourismus aus. Es brennt wirklich", schreibt er laut eigenen Angaben an den Landesvater und an die Stimmkreisabgeordnete Ilse Aigner (CSU). "Was kann man tun, um die Ausflugswilligen zu sensibilisieren und zu informieren?", fragt von Löwis.
Miesbacher Landrat: "Ich bin entsetzt"
Und weiter: "Unser Krankenhaus befürchtet zurecht, dass die Notaufnahme durch die vermutlich vermehrt auftretenden Verletzungen überlastet wird. Auch unser Krankenhaus hat mit den Corona-Patienten, die zunehmen, mehr als genug zu tun."

Seiner Meinung nach müssten Regeln her. Auch die Polizei sei am Limit angelangt. Die teilte am Dienstag rückblickend zum Wochenende mit: "In manchen Landkreisen des südlichen Oberbayerns ergaben sich zeitweise kilometerlange Staus auf den Zufahrtsstraßen. In den nächsten Tagen führen die tangierten Dienststellen des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd daher verstärkt Kontrollen durch."
"Ich bin entsetzt, wenn ich die Bilder von den Autokolonnen und den überfüllten Parkplätzen vom Wochenende sehe. Ich verstehe ja, dass jeder bei schönem Wetter raus in die Natur will. Aber wir stecken mitten in einer weltweiten Pandemie!", klagt von Löwis. "Dann muss man halt mal eine Zeit lang nur von der eigenen Haustüre aus spazieren gehen und kann nicht aufs Land fahren", findet der Landrat.
Ilse Aigner: Situation im Landkreis Miesbach "dramatisch"
Landtagspräsidentin Ilse Aigner sagte der AZ am Dienstag: "Wir alle wollen unsere freie Zeit an der frischen Luft genießen. Aber die Situation im Landkreis Miesbach ist wegen der Massen an Tagestouristen dramatisch. Der Inzidenzwert dort ist hoch und die Belastung des medizinischen Personals schon jetzt enorm. Daher ist meine dringende Bitte an die Menschen in München und Umgebung: Unternehmen Sie Ausflüge in ihre nächste Umgebung und verzichten Sie auf eine Fahrt in die Berge, um den Erfolg der Corona-Maßnahmen nicht zu gefährden."

"Besucherlenkung" im Spitzinggebiet
Vor Ort sei, so berichten mehrere Augenzeugen der AZ, die Situation auch am Dienstag nicht besser geworden. Klar, es ist Urlaubs- und Ferienzeit. Florian Bossert, der Gebietsbetreuer Mangfallgebirge, teilte am Montag auf Facebook mit: "Gestern waren wir bei der Besucherlenkung im Spitzinggebiet unterwegs. Eindrücklich wurde uns wieder einmal gezeigt, wie wichtig es ist, die Wald-Wild-Schongebiete einzuhalten", mahnte er und berichtete von einem Gämsenrudel, das durch Wanderer aufgeschreckt worden war.
Entgegen erster Befürchtungen ruhig blieb die Lage allerdings in Garmisch-Partenkirchen. Die Parkplätze an den Pisten seien zwar "definitiv gut besucht" gewesen, sagte eine Sprecherin der Bayerischen Zugspitzbahn. "Es gab aber keine Staus oder Parkchaos. Das war ganz weit weg von dem, was befürchtet wurde."
Manche Bergbahnen sperren ihre Parkplätze gleich ganz
Nach einem ersten Ansturm von Skitourengehern Mitte Dezember hatten die Gemeinde und die Bayerische Zugspitzbahn dort neue Parkgebühren während der Weihnachtsferien beschlossen. Im Gegenzug werden die Parkplätze an den Pisten bei Schneefall geräumt, Toilettenhäuschen für Besucher geöffnet und Mülleimer geleert.
Andere Bergbahn-Betreiber hatten ihre Parkplätze angesichts geschlossener Lifte komplett gesperrt - und waren mit der Situation an den Feiertagen ebenfalls zufrieden. Die Bergbahnen Oberstdorf Kleinwalsertal im Allgäu werden ihre Parkflächen daher nach Angaben eines Sprechers vorerst auch weiter geschlossen halten.
Anders sah die Situation im Nationalpark Bayerischer Wald aus. "Die Lage an den Parkplätzen kann vielerorts nur mit dem Wort katastrophal beschrieben werden", sagte der stellvertretende Leiter Jörg Müller nach dem Wochenende.
Manche seien "kreuz und quer durch das Kerngebiet" des Nationalparks gelaufen und hätten dadurch störungsempfindliche Tierarten wie das Auerhuhn gefährdet. Für den Jahreswechsel will der Nationalpark deshalb verstärkt Ranger einsetzen und Besucher auf die Verhaltensregeln hinweisen.