Obatzda jetzt ein Fall fürs Gericht

Bayerns Molkereilobby will die Käsemischung schützen lassen. Ein Hersteller aus Baden-Württemberg will das verhindern.
Tina Angerer |
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Bayerns Molkereilobby will die Käsemischung schützen lassen. Er dürfte dann nur noch im Freistaat produziert werden. Ein Hersteller aus Baden-Württemberg will das verhindern

MÜNCHEN - „Mia san mia, mia schreibn uns uns”, gibt der Bayer als Ausdruck seiner Selbstgewissheit zum Besten. Wie man allerdings unseren Obatzdn schreibt, ist schon weit weniger gewiss. Die AZ hat sich vor Jahren mal auf „Obatzda” festgelegt, es sind aber ebenso „Obazda”, „Obdatzter” oder „O’bazder” im Umlauf. Und jetzt muss die Justiz auch noch klären, ob er überhaupt unserer ist, oder ober er doch allen gehört. Am Donnerstag steht der Obatzde vor Gericht.

Die Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft möchte die Begriffe „Obatzda” und „Bayerischer Obatzda” schützen lassen. Eine Firma aus Baden-Württemberg will das verhindern.

Bayerns Molkeilobby hat beim Patentamt eine Anerkennug als „geschützte geographische Angabe” beantragt. Das geschieht, wenn „Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung in dem Herkunftsggebiet stattfinden und sich eine bestimmte Qualität, das Ansehen oder eine andere Eigenschaft...aus seiner geografischen Herkunft ergibt”. Auch die „Nürnberger Bratwurst” ist derart geschützt oder der „Nürnberger Lebkuchen”, sie müssen in Nürnberg hergestellt werden.

Das Patentamt hatte dem Antrag der Molkereilobby entsprochen: Es stellte sowohl fest, dass die Mischung zu rund 90 Prozent in Bayern hergestellt wird. Auch der Dialekt-Name sei „für Nicht-Bayern schwer zu enstchlüsseln”, heißt es in dem Beschluss des Patentamtes.

Die Folge des Patentamt-Beschlusses wäre, dass eine Käsemischung nur noch „Obatzda” oder „Bayerischer Obatzda” heißen darf, wenn sie in Bayern hergestellt wird und einer bestimmten Rahmenrezeptur folgt, die Bayerns Milchwirtschaft ebenfalls festschreiben ließ: 40 bis 60 Prozent Camenbert oder Brie, wahlweise zusätzlich Romadur und/oder Limburger, Frischkäse, Butter, Gewürze und Gewürzextrakte, Zwiebeln, Salz. Gewagt, denn es gibt mehr Rezeptvarianten als Schreibweisen, und schon beim Frischkäse schütteln manche Puristen den Kopf. „Auf jeden Fall ist der Obatzde eindeutig bayerisch”, sagt Maria Linderer, die Chefin der Landesvereinigung. „Wir wollen einen Qualitätsstandard, Nachahmerprodukte sollen sich nicht Obatzda nennen dürfen”, sagt sie. In Holland gäbe es ein Bier das „Bavaria” heißt, solche Auswüchse will man verhindern. Zur Qualität gehört für Linderer auch, dass keine pflanzlichen Fette und keine Konservierungsstoffe enthalten sind. „Wir brauchen eine Art Reinheitsgebot”, sagt sie. Darüber hinaus geht es aber natürlich auch um viel Geld.

Die Firma „Pflaums’ feine Frische” benutzt Konservierungsstoffe. Das ist aber nicht der Haupt-Streitpunkt. Die Firma stell Obatzdn her, verkauft ihn mit weiß-blauem Wapperl in Supermärkten und beliefert die bayerische Gastronomie, nach eigenen Angaben sogar Münchner Biergärten. Aber: Nachdem sie aus München wegzog, sitzt sie in Leutkirch, rund fünf Kilometer hinter der bayerischen Grenze. „Wir stellen schon immer Obatzda her”, sagt Sprecher Michael Schreck, ohne den Begriff, wie in Bayern eigentlich Pflicht, grammatikalisch zu beugen.

Vor Gericht argumentiert man, dass Obatzda nur eine „Gattungsbezeichnung” sei und damit nicht schützbar. Das „Wiener Schnitzel” zum Beispiel ist rechtlich nur Gattung. Es stammte zwar ursprünglich aus Wien, wird so aber überall hergestellt. Auch die „Münchner Weißwurst” ist nicht geschützt. Das Bundespatentgericht stellte fest, dass sie seit langem auch außerhalb des Landkreises München hergestellt wird.

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