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Tom B. (38) arbeitet seit zwölf Jahren als Detektiv in Nürnberg. Er setzt modernste Technik bei der Observierung ein – und sagt: „Verrückte Verfolgungsjagden sind nur Fernsehmärchen“
von  Abendzeitung
Bei seiner Arbeit setzt der Detektiv modernste Technik ein – für ihn ist vor allem wichtig, unsichtbar zu bleiben.
Bei seiner Arbeit setzt der Detektiv modernste Technik ein – für ihn ist vor allem wichtig, unsichtbar zu bleiben. © dpa

Tom B. (38) arbeitet seit zwölf Jahren als Detektiv in Nürnberg. Er setzt modernste Technik bei der Observierung ein – und sagt: „Verrückte Verfolgungsjagden sind nur Fernsehmärchen“

NÜRNBERG Abgehört und ausgespäht: Bis zu 50 Milliarden Euro Schaden pro Jahr verursachen Datenklau und Sabotage bei deutschen Firmen, schätzen Experten. Doch verdeckt und versteckt läuft schon der Gegenangriff: Detektive wie Tom B. (Name geändert) spüren Delikte wie Wirtschaftsspionage auf. Tag und Nacht liegt der 38-Jährige auf der Lauer. „Einmal habe ich eine Zielperson durch ganz Deutschland verfolgt“, sagt der Schnüffler. Drei Tage lang rasten er und sein Team hinter dem Wagen her.

Nervenkitzel und Spannung gibt’s schon, aber ohne wilde Verfolgungsjagden und knallharte Kämpfe wie bei James Bond. „Das sind nur Fernseh-Märchen. In der Realität gehen gute Detektive kein Risiko ein“, stellt die Profi-Spürnase aus Nürnberg klar, die seit 1998 im Geschäft ist. Um unbemerkt zu bleiben, setzen Ermittler auf moderne Mini-Technik, Verkleidungen und wechselnde Wagen. „Wir verstecken GPS-Sender, die kaum größer als eine Zigarettenschachtel sind“, verrät B.

Zur Beweisbeschaffung nutzt er auch Infrarot- und Funkgeräte oder Kamera-Winzlinge, die in Krawatten oder Brillen passen.

Die Auftraggeber von Tom B. sind vor allem betrogene Privatleute und Verdacht schöpfende Unternehmen. „Der Klassiker im Privaten ist natürlich der beschattete Ehepartner.“ Firmen setzen Detektive bei Verdacht auf Sabotage, Spionage oder Daten-Diebstahl ein. Auch Erpressung, Versicherungsbetrug, Schwarzarbeit oder Tierversuche können der Startschuss zur nächsten Observation sein.

Einfallsreichtum, Schauspieler-Qualitäten - und eine akribische Ausbildung

„Wir ertappen immer wieder Diebe oder Blaumacher, die krank gemeldet sind, aber Freunden beim Hausbau helfen oder heimlich einem Nebenjob nachgehen“, nennt Tom B. seine Erfahrungen.

Da das gesammelte Beweismaterial der Detektive häufig vor Gericht zur Verurteilung oder Strafzahlungen führen kann, werden die Verfolger manchmal selber zu Gejagten. „Einem Kollegen ist das passiert. Weil eine Zielperson Scheidung und Haus verloren hat, ist sie durchgedreht“, so Tom B. Angst habe er deswegen nicht. „Ich habe mir eine Mauer aufgebaut, an der vieles abprallt. Außerdem trenne ich Beruf und Privatleben strikt.“

Einen Fall wird er trotzdem nicht vergessen: Über ein Jahr begleitete er ein Familiendrama um einen Siebenjährigen. „Die Mutter hatte ein Verhältnis, das wir aufgedeckt haben.“ Scheidung und ein erbitterter Sorgerechtsstreit folgten. „Doch dank der Beweise, die wir lieferten, leben Vater und Sohn heute glücklich in Griechenland.“

Eigentlich habe Tom B. nie vorgehabt, als Detektiv zu arbeiten. „Ich war vorher im Personenschutz tätig“, blickt er zurück. Auch diese Branche verlangt Flexibilität und Diskretion. So war der Weg zum Ermittler nicht weit. B. absolvierte an einem Spezial-Ausbildungszentrum in Braunschweig eine mehrjährige Schulung. Statt Kampftechniken und Schusswaffentraining stand dort Paragrafen büffeln, Personen- und Wirtschaftsrecht auf dem Plan. Hausfriedensbrüche sind für Detektive tabu, Datenschutz und Berufsgeheimnis Pflicht. Nur wenn „berechtigtes Interesse“ vorliegt, dürfen Beschatter – meist heften sich mindestens zwei an die Fersen der Zielperson – überhaupt loslegen.

„Aber auch unter Detektiven gibt es schwarze Schafe“, weiß B. Seriöse sind zum Beispiel Mitglied im Bund Deutscher Detektive (BDD). Immerhin 6000 bis 10.000 Euro verdient ein renommierter Profi pro Monat. Dafür ist voller Einsatz gefragt. Da Privat-Ermittler in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern keine Sonderrechte haben, gleicht ihre Arbeit oft einem Puzzle. Spontaneität, Einfallsreichtum und Schauspieler-Qualitäten sind für Spürnasen ein Muss, um an Informationen zu kommen und die richtig zu kombinieren. „Ein guter Detektiv muss vor allem eines sein: unsichtbar.“ S.Schaller

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