Nürnbergs Polizei hat 80 Sex-Täter ständig im Visier

Die Rückfallgefahr von Straftätern wird oft nicht erkannt – Gerichte zögern bei der Sicherungs-Verwahrung.
NÜRNBERG Gutachter halten den mehrfachen Vergewaltiger Karl D. (57) für eine tickende Zeitbombe, die jederzeit wieder hochgehen kann. Trotzdem kam der Serientäter nach 14 Jahren Haft wieder frei. Die Entscheidung des Münchner Landgerichts sorgt bundesweit für Empörung. Ein Einzelfall ist die laue Gangart der Justiz aber nicht.
Die Sicherungsverwahrung ist das schärfste Schwert der Justiz. Straftäter, die eine besondere Gefahr darstellen, können mit diesem juristischen Mittel auch nach Verbüßung ihrer eigentlichen Haftstrafe weiter inhaftiert werden. Seit wenigen Jahren kann die Sicherungsverwahrung auch nachträglich verhängt werden. Etwa dann, wenn sich Sexualstraftäter als nicht therapierbar erweisen, oder wenn ein hohes Rückfallrisiko besteht.
Justizministerin Beate Merk für elektronische Fußfesseln
Mehrfach hat auch die Nürnberger Staatsanwaltschaft versucht, eine nachträgliche Sicherungsverwahrung für besonders gefährliche Sexualstraftäter zu erwirken. Geglückt ist ihr das bisher noch nicht. Die zuständigen Gerichte hielten die Argumente für zu schwach. Das ist in ganz Bayern die Regel. Nur sechsmal in den vergangen fünf Jahren stimmten Richter des Freistaats einer nachträglichen VeSicherungsverwahrung zu.
Dass Sexualstraftäter, besonders pädophil veranlagte Männer, eine besonders hohe Rückfallgefahr aufweisen, geht aus jeder einschlägigen Statistik der Behörden hervor. Die Polizei hat sich darauf eingestellt. Rund 80 Sextäter stehen in der Region Nürnberg unter Beobachtung. Rund 800 sind es nach Angaben der Justiz in ganz Bayern. Bei ihnen wird zum Beispiel darauf geachtet, ob ihr neuer Wohnort in der Nähe von Schulen oder Kindergärten liegt. Um ihre Mobilität genau kontrollieren zu können, wurde schon häufiger angeregt, rückfallgefährdete Sexualstraftäter mit elektronischen Fußfesseln zu versehen. Auch Bayerns Justizministerin Beate Merk hält das im Einzelfall für angebracht. Eine Garantie für 100-prozentige Sicherheit ist das nicht. Immer wieder schlagen entlassene Gewalttäter erneut zu. hr
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