Nürnbergs Friedens-Held im Folter-Knast!

Der iranische Rechtsanwalt Abdolfattah Soltani soll am 4. Oktober in Nürnberg geehrt werden. Seit 16. Juni sitzt er im Gefängnis.
von  Abendzeitung
Besorgt um den Menschenrechspreisträger: Nürnbergs OB Ulrich Maly mit einem Foto von Abdolfattah Soltani.
Besorgt um den Menschenrechspreisträger: Nürnbergs OB Ulrich Maly mit einem Foto von Abdolfattah Soltani. © dpa

Der iranische Rechtsanwalt Abdolfattah Soltani soll am 4. Oktober in Nürnberg geehrt werden. Seit 16. Juni sitzt er im Gefängnis.

NÜRNBERG Am 4. Oktober soll der iranische Rechtsanwalt Abdolfattah Soltani (55) den Nürnberger Menschenrechts-preis erhalten. Ob er kommen kann, ist noch fraglich. Denn Soltani sitzt seit 16. Juni im Gefängnis. Der Menschenrechtspreis wird heuer zum 10. Mal verliehen, die Stadt Nürnberg setzt alle Hebel in Bewegung, um die Freiheit ihres Preisträgers zu erlangen. Zeigt sich jetzt, ob die Auszeichnung ein politisches Gewicht hat?

Oberbürgermeister Ulrich Maly: „Mit dem Preis stellen wir Öffentlichkeit her. Und zwar nicht nur mediale, sondern auch in unseren Netzwerken wie dem Auswärtigen Amt, den Vereinten Nationen oder der Botschaft, die alle schon auf die Verhaftung reagiert haben. Was wir tun können, ist: Druck, Druck, Druck.“

Der Tunesier Khémais Chammari wurde auf Intervention der Stadt Nürnberg freigelassen

Die Todesschüsse während einer Demonstration auf die junge Frau Neda hat gezeigt, dass die öffentliche Empörung um so größer ist, sobald das Unrecht ein Gesicht bekommt. „Die Nürnberger haben mit Abdolfattah Soltani ihr Gesicht. Und wir werden es verwenden, um ihm zu helfen.“

Doch was, wenn er nicht kommt? „Dann wird sein Foto während der Preisverleihung auf einem Stuhl stehen – und dieser politische Protest ist für den Iran viel schlimmer.“

Der Nürnberger Menschenrechtspreis hat schon einigen Preisträgern in prekären Situationen geholfen: So saß 1997 Preisträger Khémais Chammari in Tunesien im Gefängnis. Auf Intervention der Stadt Nürnberg wurde er freigelassen. Nur: Zurück in seine Heimat durfte er nicht mehr.

2001 erhielt Bischof Samuel Ruíz García (Mexiko) die Auszeichnung. Er überlebte zuvor mehrere Mordanschläge, seine Bitten an die Regierung, ihm Personenschutz zu gewähren, wurden abgeschlagen. Seit der Nominierung wachen über García vier Personenschützer.

2003 wurde die Inderin Teesta Setalvad ausgezeichnet. Noch kurz vor ihrer Abreise erhielt sie eine Morddrohung rechtsradikaler Hindus. Da die indische Regierung einen Mord an der nun preisgekrönten Menschenrechtlerin nicht riskieren wollte, erhielt auch sie Personenschutz.

"Der Preis hat ein politisches Gewicht"

Tamara Chikunova (Usbekistan), Gründerin und Leiterin der Nichtregierungsorganisation „Mütter gegen Todesstrafe und Folter“, war vor der Preisverleihung 2005 massivem Druck der Regierung ausgesetzt. Seitdem sie den Preis erhalten hat, hat sie mit den Behörden kaum noch Probleme.

„Der Preis beginnt Wirkung zu zeigen, er hat also ein politisches Gewicht“, resümiert Hans Hesselmann, Leiter des städtischen Menschenrechtsbüros. Ob der Preis allerdings Einfluss auf eine Freilassung von Abdolfattah Soltani hat, wagt Hesselmann nicht vorherzusehen: „Das ist schwer einzuschätzen, bei diesem knallharten Regime.“ S. Will

Mehr über das Schicksal Soltanis und die Nürnberger Friedenstafel lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer AZ am Wochenende, 11./12. Juli.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.