Nürnbergs braunster Stadtrat: Wegen ihm Chaos vor Gericht
Scharfe Kontrollen beim Prozess gegen Sebastian Schmaus (25) von der NPD-Tarnliste.
NÜRNBERG Die Sicherheitsvorkehrungen sahen aus, als müsste Osama bin Laden persönlich vor dem Nürnberger Amtsgericht erscheinen. SEK-Beamte, Polizisten, Wachtmeister mit Metalldetektoren: Keiner kam unkontrolliert in das Justizgebäude. Das massive Aufgebot der Einsatzkräfte galt aber nur dem rechtsextremen Stadtrat Sebastian Schmaus (25), der wieder einmal vor Gericht stand.
Nach Schmaus' Suff-Fahrten ging's diesmal um Internet-Hetze
Vor wenigen Monaten wurde ihm wegen einer Schlangenlinien ähnlichen Alkoholfahrt (1,16 Promille) vom Amtsgericht der Führerschein entzogen. Diesmal ging es um eine Straftat, die sich im Juristendeutsch „gemeinschaftliche Beihilfe zum Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz“ nennt. Anders formuliert: Sebastian Schmaus, der für die NPD-Tarnorganisation „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ im Stadtrat sitzt, hat den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge eine böse Internet-Hetze gegen politische Gegner angezettelt.
Im Jahr 2007 soll er nämlich bei NPD-Demonstrationen in Fürth und Gräfenberg fotografiert haben – allerdings nicht die eigenen Leute, sondern die Gegendemonstranten. Die Fotos der Antifaschisten hat er dann an bislang der Justiz nicht bekannte Personen weitergeleitet. Die hatten die Fotos auf die Homepage der „Anti-Antifa Nürnberg“, eine rechte Hetzseite im Netz, gestellt – und die Namen der Opfer mit dazu geschrieben.
Feige Anschläge auf die Fotografierten
Die Folgen waren übel: Das Haus und Auto einer Fürther Familie wurden mit Farbe beschmiert, bei dem Haus einer Religionslehrerin waren es gleich zwei Anschläge mit Farbe und Öl.
Die Stimmung war aufgeheizt – und das merkte man auch im Gerichtssaal. Die Polizei hatte die Zuschauer der Rechten und Linken zuvor sorgfältig nach Waffen durchsucht. Laut einem Polizeisprecher gab es aber „keine nennenswerten Zwischenfälle“.
Zusammen mit Schmaus, der im Gerichtssaal nichts zu den Vorwürfen sagte und seinem Anwalt das Wort überließ, war auch Michael R. (22) angeklagt. Er war sogar mit gleich drei Teleobjektiven bei den NPD-Demonstrationen zugange – ideales Werkzeug, um die Nazi-Gegner aus großer Entfernung unbemerkt fotografieren zu können.
Bereits im Februar erhielt Schmaus einen Strafbefehl über vier Monatseinkommen – daraufhin legte er Einspruch ein. Das Verfahren zog sich in die Länge, Schmaus wurde schließlich zu einer Geldstrafe von 6400 Euro verurteilt (die Staatsanwaltschaft hatte 8100 Euro gefordert), Michael R. erhielt eine Geldstrafe von 2000 Euro.
Die Nazi-Gegner haben jetzt auch einen anderen Grund zum Feiern: Schmaus hatte eine Neonazi-Demo, die für Freitag in Gräfenberg geplant war, abgesagt. hr, kasa