Nürnberger Zocker-Pate kaufte ganzen Fußball-Verein!
NÜRNBERG Unglaublich! Um im illegalen Wettgeschäft ein noch größeres Rad drehen zu können, hat sich Nürnbergs Wett-Pate Marijo C. (35) sogar einen ganzen Fußballverein unter den Nagel gerissen. Ende des Monats steht der Kroate in Bochum vor Gericht, wo der größte Wettskandal der Sportgeschichte juristisch aufgearbeitet wird.
Als Profizocker Marijo C. vor rund zehn Jahren in Nürnberg auftauchte, war er eine verkrachte Existenz. Er hatte mehrere Ausbildungen abgebrochen, jobbte als Kellner und Lkw-Fahrer, betrieb für kurze Zeit eine Gaststätte. Zwischendurch stand er auch immer wieder vor Gericht. Die Vorwürfe reichten von Raub und Betrügereien bis Körperverletzung. Und er fiel auch wegen illegalen Glücksspiels auf. Dass er im mafiösen Wettgeschäft aber eine ganz große Nummer war, ahnten die Ermittler damals noch nicht.
Auch der Eigentümer des belgischen Zweitligaclubs Union Royale Namur will völlig arglos gewesen sein, als er sich vor gut zwei Jahren mit Marijo C. an den Verhandlungstisch setzte. Ein Berater des verschuldeten Vereins hatte die beiden miteinander bekannt gemacht. Am Ende der Verhandlungen wechselte der Verein den Besitzer. Marijo C. hat den Ermittlungen der Bochumer Staatsanwaltschaft zufolge 150.000 Euro auf den Tisch gelegt. Zudem verpflichtete er sich, die 700000 Euro Schulden des Klubs zu übernehmen.
„Die Spieler, die ich angesprochen habe, haben so gut wie nie nein gesagt”
In den Verhandlungen war der Wettpate als Retter des Vereins aufgetreten. Wie er später in einer Vernehmung zugab, hatte er jedoch vor, möglichst viele bestechliche Spieler dort unterzubringen, um Spielausgänge und Wettquoten manipulieren zu können. Auf diese Weise landete zum Beispiel auch Dragan B. (29) im belgischen Namur. Er hatte früher in der Club-Jugend gespielt – und galt als hoffnungsvolles Nachwuchstalent.
Insgesamt soll Marijo C. nach Erkenntnissen der Ermittler den belgischen Verein mit sieben manipulationswilligen Spielern infiltriert haben. Der Ausgang von mindestens fünf Spielen soll laut Anklage für den Zocker maßgeschneidert worden sein. Er verdiente dadurch Hunderttausende – allein in einem Spiel eine Viertelmillion Euro!
Einem Bericht des „Spiegel” zufolge sollen sich die Vernehmungsbeamten gewundert haben, wie leicht Spieler für Manipulationen gewonnen werden konnten. Ein Ermittler legt Marijo C. folgendes Zitat in den Mund: „Die Spieler, die ich angesprochen habe, haben so gut wie nie nein gesagt.”
Während seines Engagements in Belgien pendelte Marijo C. mehrfach wöchentlich zwischen Namur und Nürnberg hin und her, um sich auch in Franken um seine Kunden zu kümmern. Mehrere Wettbüros, in denen die illegalen Wetten platziert werden konnten, standen nach Behördenerkenntnissen unter seiner Kontrolle.
Marijo C. war den Ermittlungen zufolge eng mit anderen Größen des illegalen Geschäfts vernetzt. Enge Kontakte unterhielt er zum Beispiel zu Ante S. aus Berlin (siehe Kasten rechts), der als König der Wettpaten bezeichnet wird. Und zum Holländer Paul R., der unter anderem auch Spieler des FC St. Pauli bestochen haben soll. In der deutschen Zocker-Hierarchie galt Marijo C. immerhin als Nummer 3.
In einer Vernehmung jammerte er, dass ihn sein Engagement in Namur ruiniert habe. Ganz will ihm die Staatsanwaltschaft das nicht glauben: In einer Zagreber Bank wurde ein Girokonto mit 3,6 Millionen Euro Guthaben eingefroren. Inhaber des Kontos ist Marijo C.
- Themen:
- FC Sankt Pauli