Nürnberger Promis auf der Richter-Bank
Neue Aufgabe auch für Ex-Polizeisprecher Peter Grösch: Jetzt urteilt er über Verbrecher. Wer als Schöffe schwänzt, muss Bußgeld zahlen.
NÜRNBERG „Ich hab’ einfach die Seiten gewechselt“, sagte Peter Grösch (61) lächelnd und vielleicht ein bisschen aufgeregt. Der langjährige Mord-Ermittler und ehemalige Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken hatte gerade seinen ersten Schöffen-Einsatz am Nürnberger Landgericht.
Damit ist er nicht der erste Nürnberger Prominente, der als Laien-Richter Erfahrungen macht. So saßen oder sitzen noch an den Richtertischen im Nürnberger Justizpalast Bürgermeister-Gattin Ingrid Förther, Katharina Gloser, Ehefrau des SPD-Staatsministers oder auch der ehemalige Mercedes-Niederlassungsleiter Armin Mack. Auch Ute Scholz sammelte hier Erfahrungen, ehe sie ganz im Amt als OB-Gattin aufging.
Jetzt also wechselte Ruheständler Grösch vom Ermitteln zum Richten. Doch sein erster Prozesstag begann gleich mit einer Panne: Der Prozess um einen Vater, der seine minderjährige Tochter missbrauchte, startete mit Verspätung, weil der zweite Schöffe, eine Frau, einfach nicht erschien. Ohne Entschuldigung blieb sie fern, war telefonisch nicht nicht erreichbar.
Was angeblich ab und an passiert. Denn nicht jeder Schöffe scheint sich klar zu sein, welche Verantwortung er mit diesem Amt übernimmt. Der Ferngebliebenen droht jetzt ein Ordnungsgeld von rund 200 Euro (möglich sind bis zu 1000 Euro). Sie müsste theoretisch auch für die Kosten aufkommen, falls der Prozess ausgefallen und neu terminiert worden wäre. Doch im aktuellen Fall konnte Richter Thomas Gruber nach mehreren Telefonaten einen Ersatzschöffen auftreiben.
835 Bewerber wurden 2008 für die neue, fünfjährige Periode des Schöffenamts ausgesucht. Man kann sich selbst bewerben, von Parteien und Organisationen vorschlagen lassen oder wird gar aus dem Telefonbuch ausgewählt.
Schöffen haben die unterschiedlichsten Berufe. Sie sollen einen Querschnitt der Bevölkerung darstellen und im Urteil den gesunden Menschenverstand sprechen lassen. Sie müssen auch für das Amt vom Arbeitgeber freigestellt werden.
Die Laienrichter werden für die jeweiligen Prozesse ausgelost. Meist ist es ein Auftritt pro Monat, bei längeren Verfahren entsprechend mehr. Doch was, wenn der Einsatz zu viel wird? „Ein Schöffe kann nur in besonderen Ausnahmefällen auf Antrag von der Schöffenliste gestrichen werden“, erklärte Justizpressesprecher Andreas Quentin. Etwa, wenn er seinen Wohnsitz im Gerichtsbezirk aufgibt oder in einem Geschäftsjahr an mehr als 24 Sitzungstagen teilgenommen hat.“
Generell gilt für alle Schöffen: Sie haben das gleiche Stimmrecht wie Berufsrichter. Dass sie urteilen sollen ohne Ansehen der Person und ganz im Sinn des Grundgesetzes sowie der Bayerischen Verfassung – darauf wurde auch Peter Grösch bei seinem ersten Einsatz im Gerichtssaal vereidigt!cis
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