Nürnberger Lagunen-Leck: Wie viel wusste die Stadt?

Die Behörden fordern Schadenersatz für die marode Anlage im Nürnberger Tiergarten. Doch nun geraten sie selbst unter Druck.
von  Helmut Reister
Delfin Nami ist bereits im Nürnberger Tiergarten geboren und mittlerweile sechs Jahre alt.
Delfin Nami ist bereits im Nürnberger Tiergarten geboren und mittlerweile sechs Jahre alt. © Daniel Karmann/dpa

Nürnberg - Eine Attraktion sollte die "Delfin-Lagune" im Nürnberger Tiergarten werden, aber eine undichte Fuge in der Beckenlandschaft machte sie zum millionenschweren Sanierungsfall.

Die Stadt klagt gegen die Planer der Lagune vor Gericht. Eine gute Figur macht sie dabei aber nicht.

Ein paar Monate bis zum Showdown vor der 17. Zivilkammer des Landgerichts wird es noch dauern, aber ein Weg daran vorbei führt nach der aktuellen Entwicklung des Falls nicht.

Vor knapp einem Jahr wurden die Parteien nach einer ersten Bestandsaufnahme vom Richter mit der Empfehlung nach Hause geschickt, sich untereinander gütlich zu einigen. Das jedoch scheiterte, wie Justizsprecher Friedrich Weitner bestätigte.

Sechs Millionen Euro sind für die Sanierung eingeplant

Abgesehen von der undichten Beckenfuge, aus der Millionen Liter Salzwasser innerhalb weniger Tage in einen angrenzenden Wald strömten und Dutzende Bäume absterben ließen, weist der Bau noch eine ganze Reihe anderer Mängel auf: bröselnder Beton in den Becken etwa oder massive Mängel im technischen Betriebsgebäude.

Die Höhe des Gesamtschadens geht aus dem mittelfristigen Investitionsplan der Stadt hervor. Sechs Millionen Euro sind dort für die Sanierung der maroden Lagune eingeplant, an deren Fertigstellung ein halbes Dutzend Firmen beteiligt war.

Von dem Planungs- und Architekturbüro, das die undichte Fuge ins Becken "zauberte", will die Stadt rund eine Million Euro Schadensersatz. Eine derart hohe Zahlung lehnt das Planungs- und Architekturbüro vehement ab und lässt es auf den Prozess ankommen. An seiner grundsätzlichen Verantwortlichkeit dürfte es aber nicht vorbeikommen.

Städtische Mitarbeiterin sorgt für neue Perspektiven

In einem gesonderten Strafverfahren, in dem es um Umweltverschmutzung ging und das die Tierrechtsorganisation "Peta" initiiert hatte, wurde ein Mitarbeiter des Büros zu 5.000 Euro Strafe verurteilt. Das ist längst rechtskräftig.

Zu den Akten dieses Strafverfahrens gehört auch eine umfangreiche Aussage der Leiterin des Lagune-Projekts, um die die Stadt auch beim Streit um Schadenersatz nicht herumkommen wird. Die leitende städtische Mitarbeiterin wirft damit ein völlig neues Licht auf die Vorgänge hinter den Kulissen.

War das ungeeignete Fugenmaterial viel früher ein Thema?

Die Tatsache, dass der schwerwiegende Fugen-Defekt ihren Angaben zufolge schon Wochen vor der pompösen Eröffnungszeremonie feststand, dürfte juristisch eher ein untergeordneter Faktor in der Schadenersatzklage sein.

Mehr Gewicht dagegen dürften mehrere Aktenvermerke aus der frühen Entstehungsphase (2009) der Lagune haben, die die Projektleiterin ihrer Aussage zufolge auch an vorgesetzte Dienststellen verschickt habe. Darin sei festgehalten, dass bereits zu dieser Zeit das ungeeignete Fugenmaterial mehrmals in dem allmonatlichen Jour Fix, an dem alle Verantwortlichen teilnahmen, von ihr angesprochen worden sei.

Am Ende sei das Thema aber einfach untergegangen. Wie stark sich diese "Mitwisserschaft" der Stadt auf die Höhe des Schadenersatzes auswirken wird, ist schwer einschätzbar. Peinlich ist der Vorgang für sie allemal.

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