Nürnberger Justiz-Affäre: Richter lässt die Fetzen fliegen

Verwaltungsgericht Ansbach muss über die Strafversetzung von Thomas Gruber entscheiden. Er will auf seinen alten Posten zurück.
NÜRNBERG Jetzt fliegen in der Justiz die Fetzen erst richtig! Der langjährige Vorsitzende Richter der 13. Strafkammer, Thomas Gruber, lässt sich seine Strafversetzung in ein Zivilgericht nicht gefallen. Er geht jetzt mit juristischen Mitteln gegen die eigene Justiz vor.
Der langjährige Chef der 13. Strafkammer war in Zusammenhang mit einem ausufernden Strafprozess in Misskredit geraten (AZ berichtete). Weil er nach Überzeugung des Oberlandesgerichts das Verfahren zu lange hinausgezögert habe, mussten fünf inhaftierte Betrugsverdächtige wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Ihre Freilassung erfolgte fünf Wochen vor dem bereits anberaumten Prozess. Kurz danach traf das Präsidium des Landgerichts eine Mehrheitsentscheidung, Gruber mit sofortiger Wirkung seines Postens zu entheben und ihn in die 2. Zivilkammer (Verkehrsdelikte) zu versetzen.
Wie die AZ aus sicherer Quelle erfuhr, hat jetzt ein von ihm beauftragter Anwalt beim Verwaltungsgericht in Ansbach den Antrag für eine einstweilige Anordnung eingereicht. Mit dem juristischen Manöver will Gruber seine Rückversetzung an die alte, bereits neu besetzte Wirkungsstätte gerichtlich erzwingen. Er selbst wollte sich nicht zu den Einzelheiten des durchaus pikant zu nennenden Vorgangs äußern.
Zwei Münchner Staatsanwälte als Sonderermittler in Nürnberg
Auch der Sprecher des Verwaltungsgerichts ging gegenüber der AZ in Deckung. „Zu derartigen Verfahren, die in nichtöffentlicher Beratung entschieden werden, können grundsätzlich keine Angaben gemacht werden“, sagte er kurz und bündig. Immerhin erklärte er, dass Anträge auf eine einstweilige Anordnung in der Regel sehr schnell entschieden und nicht wochen- oder monatelang beraten werden. Nicht ganz so zurückhaltend war Nürnbergs Justizpressesprecher Dr. Andreas Quentin. Auch er mochte zum Inhalt des Gruber-Antrags keine Stellungnahme abgeben, bestätigte aber immerhin dessen Existenz. Quentin: „Das Landgericht wurde jetzt aufgefordert, eine Stellungnahme in dieser Angelegenheit abzugeben.“
Der außergewöhnliche Schritt der Richter-Entmachtung ist allerdings nur ein kleines Puzzleteil in der seit Monaten schwelenden Justizaffäre. Justizministerin Beate Merk sah sich veranlasst, zwei Münchner Staatsanwälte als Sonderermittler nach Nürnberg zu schicken, um intern die Vorwürfe aufzuklären.
Im Wesentlichen geht es dabei um rund 6000 Ermittlungsverfahren, die monatelang bei der Staatsanwaltschaft unbearbeitet blieben – und um kleinere Wartungs- und Reparaturarbeiten an den Autos von leitenden Justizangehörigen in der behördeneigenen Werkstatt. Die Vorfälle liegen teilweise Jahre zurück.
H. Reister