Nürnberger Job-Killer vor Gericht
Er machte den Rohr-und Anlagebauer Brochier erst richtig platt. Rhodri Phillips, Nürnbergs frechster Job-Killer. Der britische Adlige steckte Millionen in die eigene Tasche. Nun steht er vor Gericht.
NÜRNBERG Auf den ersten Blick wirkte Staatsanwalt Peter Dycke völlig gelassen. Aber seine in Falten geworfene Stirn verriet, dass es in ihm brodelte. Soeben hatte die 12. Strafkammer des Landgerichts nämlich die Marschrichtung verkündigt, dass die beiden Männer, die er wegen der Veruntreuung von 11 Millionen Euro auf die Anklagebank gebracht hatte, mit einer Bewährungsstrafe rechnen können. Auch bei etlichen Zuhörern im Gerichtssaal, die einmal dem Unternehmen Hans Brochier (Rohr- und Anlagebau, nicht identisch mit Alexander Brochier) angehörten, löste diese Mitteilung ungläubiges Staunen aus.
Der Brite Rhodri Philipps (41), Sohn eines Barons, erschien Anfang 2005 wie ein leuchtender Retter am düsteren Himmel der angeschlagenen Firma, die ihre Wurzeln in Nürnberg hatte. Für den symbolischen Betrag von einem (!) Euro kaufte er das klamme Unternehmen, das sich damals im Besitz der „Abfallgesellschaft Ruhrgebiet (AGR)“ befand. Doch anstatt die Rettungsleine zu ziehen, versetzte er Brochier den Todesstoß.
Zahlungsunfähigkeit provoziert
Keine drei Wochen nach dem Schnäppchen ließ Phillipps über den als Geschäftsführer eingesetzten und ebenfalls auf der Anklagebank sitzenden Derek A. (47) satte elf Millionen Euro auf das Konto einer seiner Firmen schaufeln. Bei dem Geld handelte es sich um ein Darlehen, das er sich selbst genehmigte und für das am Ende Brochier die Zeche zahlen musste. Der Deal führte innerhalb kurzer Zeit zur Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens. 700 Mitarbeiter verloren ihren Job.
Phillips, Nürnbergs frechster Job-Killer, der seit einem Jahr in U-Haft sitzt, erschien gestern in einer maßgeschneiderten Tweedjacke zum Prozess. Ein sichtbares Zeichen für den luxuriösen Lebensstil, den der Aristokrat pflegte. Kein Wunder: 1,3 Millionen Euro aus den Transfer-Geldern flossen nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft in seine Privatschatulle.
Richter Bernhard Germaschewski, der die Bewährungsstrafe mit den Anwälten (Strathe, Oberhof, Lubojanski) der beiden Angeklagten ausgehandelt hatte, bemühte sich öffentlich um eine Rechtfertigung für den juristischen Schmusekurs: „Die rechtliche Grundlage für eine Verurteilung ist sehr schwierig.“ Beide Angeklagten legten ein Geständnis ab.
Das Urteil soll am Freitag fallen.
Helmut Reister
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