Nürnberger Anwalt zwingt Bank in die Knie

Hypovereinsbank muss einem Schwabacher Ehepaar das Geld für eine Wohnung zurückzahlen, die sie überteuert verkauft hatte. Als Sieger vor Gericht erhalten sie jetzt alle Auslagen zurück.
von  Abendzeitung
Gewann den Musterprozess um eine sittenwidrig überteuerte Immobilie auch vor dem Bundesgerichtshof: Der Nürnberger Rechtsanwalt Klaus Kratzer ist auf Bank-, Kapitalanlage und Kreditrecht spezialisiert.
Gewann den Musterprozess um eine sittenwidrig überteuerte Immobilie auch vor dem Bundesgerichtshof: Der Nürnberger Rechtsanwalt Klaus Kratzer ist auf Bank-, Kapitalanlage und Kreditrecht spezialisiert. © Klaus Schillinger

Hypovereinsbank muss einem Schwabacher Ehepaar das Geld für eine Wohnung zurückzahlen, die sie überteuert verkauft hatte. Als Sieger vor Gericht erhalten sie jetzt alle Auslagen zurück.

NÜRNBERG Sie haben alles reingesteckt in diese Schrott-Immobilie, haben sich finanziell und gesundheitlich fast ruiniert. Und das alles, um vermeintlich Steuern zu sparen und um mehr aus dem Ersparten zu machen, wie ihnen von Beratern vorgegaukelt wurde.

Jetzt kam heraus, dass die dem Schwabacher Ehepaar aufgeschwatzte Wohnung nur rund die Hälfte des Preises (nämlich 32000 Euro) wert war, den sie großteils schon dafür bezahlen hatten: 66000 Euro – ein Skandal!

Wegen sittenwidriger Kaufpreisüberhöhung verklagten Mario und Marita K. die Hypovereinsbank. Ihr Anwalt Klaus Kratzer boxte den Musterprozess („Es gibt über 4000 solche Fälle bundesweit“) durch mehrere Instanzen und zwang die Bank jetzt in die Knie.

Sittenwidriger Kaufpreisüberhöhung

Denn: Die Bank haftet bei sittenwidriger Kaufpreisüberhöhung (mehr als 80 Prozent), stellte der anlegerfreundliche 12. Senat am Nürnberger Oberlandesgericht in einem Grundsatzurteil fest. Der Bundesgerichtshof bestätigte jetzt dieses sensationelle Urteil, das tausenden von Schrottimmobilien-Käufern in ganz Deutschland neue Hoffnung gibt. Das Urteil bedeutet: Die Bank muss die Sache rückabwickeln, also die Immobilie zurücknehmen und die bezahlten Raten an die Erwerber zurückzahlen.

Um genau 87,07 Prozent überteuert war das Anlageobjekt, das man den Schwabachern 1993 angedreht hatte. Sie kamen aus der Ex-DDR, wollten sich hier eine Existenz aufbauen und auf ein Häuschen sparen. Mit so einem vermieteten Anlageobjekt gehe dies schneller, wurde ihnen von der Bank geraten. Blauäugig kauften sie für umgerechnet 66000 Euro eine kleine Altbauwohnung (45 qm) in Duisburg, schwer renovierungsbedürftig und an einer lauten Hauptstraße gelegen.

Kein Urlaub, keine Lokal- oder Kinobesuch mehr

Die Folge: Immer mehr Geld musste in das Objekt gesteckt werden. Es blieb kaum etwas zum Leben. „Wir kennen keinen Urlaub, keinen Lokal- oder Kinobesuch mehr“, schrieb der Getränke-Auslieferer Mario K. (47) an seine Hausbank: „Sie haben unsere Geschäftsunerfahrenheit ausgenützt.“ Er wollte gerne die „bankgeprüfte“ Bruchbude zurückgeben. Doch die Bank lehnte ab.

Im Prozess stellte sich heraus, dass das Geldinstitut den Wert der Wohnung zwar nicht überprüft hatte, aber den sittenwidrig überteuerten Preis sehr wohl erkennen konnte. Und dies dann den Kunden hätte mitteilen müssen. Stattdessen habe man dem Ehepaar noch vorgerechnet, so Kratzer, wie sie bei sparsamerer Haushaltung noch höhere Raten als rund 600 Euro monatlich an die Bank zurückzahlen könnten.

Jetzt, nach 15 Jahren, hat der Albtraum ein Ende: Die Familie bezahlte bislang 52975 Euro an die Bank, die forderte noch weitere 50220 Euro durch aufgelaufene Zinsen. Etwa die Hälfte davon hat die Hypo inzwischen durch die Zwangsversteigerung erhalten: 24500 Euro wurden erlöst für ein Objekt, das für 66000 Euro an das Ehepaar verkauft worden war. Als Sieger vor Gericht erhalten sie jetzt alle Auslagen zurück.

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