Nürnberger Ärzte warnen: So gefährlich können Böller sein
Jedes Jahr gelangen bis zu drei Tonnen illegale und hochgefährliche Feuerwerkskörper aus Fernost nach Deutschland – gerade Kinder sind gefährdet
NÜRNBERG „Sehnen, Nerven und die Muskulatur sind zerfetzt, die Haut verbrannt, der Knochen gebrochen, die Jacke verschmort“, analysiert der plastische Chirurg Dr. Bert Reichert vom Süd-Klinikum. „Die Folgen: Nicht alle Finger bleiben an der Hand. Die Beweglichkeit ist stark eingeschränkt, das Gefühl auch.“ Was er da betrachtet, ist „nur“ eine Schweinshaxe: „Die ist aber der menschlichen Hand sehr ähnlich“, sagt er.
Deshalb wurde an ihr von Feuerwehr, Polizei und den Ärzten des Südklinikums demonstriert, was passiert, wenn der gerade daumengroße, bei uns verbotene Böller „La Bomba“ in der Hand losgeht. Denn die illegalen Feuerwerkskörper erleben jetzt, kurz vor Silvester, einen Boom: Jedes Jahr gelangen zwischen zwei und drei Tonnen über die tschechische Grenze nach Deutschland, erklärt Jürgen Gust vom Bayerischen Landeskriminalamt: „Erst vor kurzem haben wir in einem einzigen Pkw rund eine Tonne illegaler Feuerwerkskörper gefunden.“
Das Gefährliche an Böllern wie „La Bomba“, die in China produziert und dann nach Deutschland geschmuggelt werden: „Die sind nicht von der BAM, der Bundesanstalt für Materialforschung, getestet“, sagt Gust. „Daher weiß man nicht, ob beispielsweise die Lunte so abbrennt, wie sie es sollte. Und zweitens enthalten diese Feuerwerkskörper oft Blitzknallpulver.“
Dieses Gemisch entwickelt eine unberechenbare, größere Druckwelle. Außerdem gefährlich: Die nicht zugelassenen Böller sind an den Enden oft mit Gips verschlossen. Explodiert das Blitzknallpulver, schießen die Gipspfropfen wie Geschosse durch die Luft.
Die größte Gefahr jedoch geht nach wie vor von der falschen Handhabung – auch legaler – Feuerwerkskörper aus: In der Silvesternacht hat der Nürnberger Rettungsdienst die meisten Einsätze.
Und gerade die Jüngsten werden häufig verletzt. „Wenn Kinder zum Beispiel selbst einen Böller basteln oder einen Blindgänger noch einmal anzünden wollen, geht das meist schief“, sagt der Kinderarzt Dr. Karl Bodenschatz: „Am häufigsten entstehen Verbrennungen, Schäden an den Augen und am Gehör. Wir hatten schon Kinder, denen wurde sogar ein eher harmloser ,Leucht-Kreisel’ in den Kragen gestopft. Da war der komplette Rücken verbrannt.“mm
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