Nürnberg: Riese wird zum Box-Zwerg

Herausforderer David Haye bezwingt Nicolai Valuev vor 8000 Zuschauern in der Arena Nürnberger Versicherung nach Punkten. Krach zwischen Don King und Sauerland
von  Abendzeitung
Er kann viel einstecken und musste viel einstecken: David Haye zeigte Nikolai Valuev (l.) die Grenzen auf.
Er kann viel einstecken und musste viel einstecken: David Haye zeigte Nikolai Valuev (l.) die Grenzen auf. © Wolfgang Zink

Herausforderer David Haye bezwingt Nicolai Valuev vor 8000 Zuschauern in der Arena Nürnberger Versicherung nach Punkten. Krach zwischen Don King und Sauerland

NÜRNBERG Goliath fiel nicht, doch er wackelte verdächtig. „Ich wollte ihn ausknocken. Aber der Junge hat Schläge weggesteckt, die hätten jeden anderen gefällt“, tönte David Haye (29), der sich vor 8000 Zuschauern in der Nürnberger Arena bereits in den letzten Sekunden des Kampfes gegen Nikolai Valuev mit hocherhobener Faust als Sieger feiern ließ.

Punktsieg durch Mehrheitsentscheidung

Es reichte nur zu einem Punktsieg durch Mehrheitsentscheidung. „Der Punktrichter, der unentschieden gewertet hat, sollte Ehrenvorsitzender des Blindenverbandes werden“, keilte Haye nach dem Fight weiter.

Zuvor war Valuev, der 2,13-Meter und 145-Kilo-Mann, zwölf Runden lang unglaublich schwerfällig durch den Ring gestapft. Hilflos, ideenlos, ratlos und chancenlos präsentierte sich der 36-jährige Valuev. „Ich war gekommen, um zu kämpfen – aber auf einen Marathonlauf war ich nicht vorbereitet. Haye ist nur gelaufen. Ich muss mich bei meinen Fans entschuldigen“, sagte Valuev.

Haye boxte taktisch extrem klug

Es war der Fight eines Mannes, der boxerisch dermaßen limitiert ist, dass er nicht in der Lage war, seine Strategie auf den schnellen Herausforderer einzustellen. Und Haye, der vor dem Fight Valuev als einen „stinkenden Freak“ und „hässlichsten Menschen der Welt“ verunglimpft hatte, boxte taktisch extrem klug und war bis zuletzt auf einen Knockout aus.

Weltmeister-Trainer Ulli Wegner, der Ausnahmeboxer Arthur Abraham betreut und bei Veranstalter Sauerland angestellt ist, hatte natürlich eine ganz andere Meinung. „Haye hat nicht einmal nachgesetzt, der hatte doch die Hosen voll. Wenn das alles ist, was Haye zu bieten hat, dann hat er weder gegen Vitali noch gegen Wladimir Klitschko eine Chance.“ Abraham fand „das Urteil in Ordnung.“ Valuevs Coach Alexander Zimin sagte: „Ich weiß nicht, was ich von diesem Fight halten soll. Haye ist ein ausgezeichneter Läufer, und Niko hat nichts von dem ungesetzt, was wir einstudiert haben.“

"Nikolai hat nahtlos an schwache Leistung gegen Holyfield angeknüpft"

Sichtlich erschüttert von Valuevs Vorstellung war sein Promoter Wilfried Sauerland. „Nikolai hat nahtlos an seine schwache Leistung vor einem Jahr gegen Evander Holyfield angeknüpft. Haye hat gewonnen, aber ich muss sagen, dieser Kampf hat keinen Sieger verdient. Haye ist auch nur 2:50 Minuten pro Runde gelaufen und hat in den letzten zehn Sekunden zwei Mal zugeschlagen.“ Dann aber kräftig.

Kräftig krachte es hinter den Kulissen zwischen Sauerland und Don King, der Valuevs Co-Promoter ist. „Valuev hat viele Fehler gemacht, aber der einzige echte Fehler war, dass dieser Kampf zustande kam. Es war eine freiwillige Titelverteidigung, und jeder, der etwas Ahnung vom Boxen hatte, wusste, dass Haye der denkbar schlechteste Gegner für Nikolai ist“, grollte King. „Aber man wollte ja nicht auf mich hören. Das wird sich hoffentlich ändern. Ich habe sie den Preis dafür bezahlen lassen, dass man nicht auf mich gehört hat. Deswegen ist der Titel weg. Ich bin nicht seit über 40 Jahren die Nummer 1 im Boxen, weil ich keine Ahnung habe.“Matthias Kerber

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