Nürnberg ist längst dabei

Die große 3D-Offensive: Geht das Kino diesmal wirklich in die Dritte Dimension, auch um der Filmpiraterie Einhalt zu gebieten?
von  Abendzeitung
Stubenfliegen-Abenteuer im All: Wer die neue 3D-Technik sehen will, kann das zur Zeit im Imax des CineCitta mit „Fly Me To The Moon“.
Stubenfliegen-Abenteuer im All: Wer die neue 3D-Technik sehen will, kann das zur Zeit im Imax des CineCitta mit „Fly Me To The Moon“. © Fantasia

NÜRNBERG - Die große 3D-Offensive: Geht das Kino diesmal wirklich in die Dritte Dimension, auch um der Filmpiraterie Einhalt zu gebieten?

Hollywood rüstet auf – zu einer neuen Dimension: 3D. Eigentlich ein alter Hut. Denn stereoskopische Filme kamen bereits in den 1950ern auf, als immer mehr Zuschauer dem Kino fernblieben, weil das TV-Zeitalter begonnen hatte. „Doch das diente damals nur der Sensationslust, um manchmal auch mit billigeren Filmen noch Geld zu machen“, erklärt Filmproduzent Jeffrey Katzenberg, der für die digitale 3D-Technik kämpft. „Wir meinen es diesmal viel ernster und sehen einen Qualitätsgewinn für die Präsentation von Filmen.“ Nürnberg ist technisch längst mit dabei: Wolfgang Weber, Besitzer des CineCittà, hat sich per Leasingvertrag die digitalen Projektionssysteme ins Haus geholt.

Dass sich Hollywood jetzt anschickt, möglichst viele Filme in 3D an den Start zu schicken, hat wirtschaftliche Gründe. Ohne Spezialbrille, mit bloßem Auge, sieht man auf der Leinwand nur verzerrte Bilder, wenn Filme in 3D abgespielt werden, und auch mit einer Videokamera lässt sich nichts anderes abfilmen. „Videopiraten wird so ein Strich durch die Rechnung gemacht“, sagt Katzenberg, der schon jetzt prognostiziert, dass in wenigen Jahren die meisten Kinofilme in 3D abgespielt werden: „Farbe löste den Schwarzweiß-Film ab, Ton den Stummfilm, und nun ist die Zeit gekommen, das zweidimensionale Kinobild durch den räumlichen Film zu ersetzen. Ich spreche hier von der 3. Revolution des Kinos.“

CineCittà-Chef Weber bleibt optimistisch

Noch scheint das nach Zukunftsmusik zu klingen. In Deutschland können bislang lediglich auf 30 der 4800 Leinwände 3D-Filme projiziert werden. Dennoch bleibt CineCittà-Chef Weber optimistisch: „Wir rechnen damit, dass künftig 30 Prozent aller besucherstarken Filme in 3D ausgewertet werden.“ Bereits mit der 3D-Version des Kinofilms „Die Legende von Beowulf“ konnte er 2007 dreimal so viele Besucher wie die anderen Kinos verbuchen. Mit seinem Filmverleih Fantasia schafft Weber zudem die digitalen Angebote fürs 3D- und Großformat-Kino und findet: „Das läuft erstaunlich gut.“

Und das trotz des zweifelhaften 3D-Rufs: Das längere Tragen von 3D-Brillen führte früher häufig zu Kopfschmerzen, weil die Tiefenschärfe fehlte. Hinzu kamen die Showeffekte, wenn etwa die Schere aus Hitchcocks „Bei Anruf Mord“ den Anschein erweckte, sie würde aus der Leinwand ragen. Solche Spielereien lenkten von der Handlung ab und machten dem Zuschauer bewusst, dass alles nur Illusion ist. „All diese Kinderkrankheiten sind inzwischen ausgemerzt“, verspricht Katzenberg.

In diesem Jahr kommen zahlreiche 3D-Filme der neuen Generation ins Kino. Bereits angelaufen ist „Fly Me To The Moon“, ab 22. Januar legt der Disney-Konzern mit „Bolt“ nach. Katzenberg selbst bringt mit der Dreamworks-Produktion „Monsters vs. Aliens“ im April seinen ersten dreidimensionalen Animationsfilm ins Kino. Auch ältere digital erstellte Filme wie „Toy Story“ lassen sich leicht stereoskopisch verwandeln.

Auch Realfilme kommen in 3D

Und Realfilme? „Auch in dieser Form bekommt der Zuschauer etwas, was er vorher noch nie gesehen hat“, versichert Brendan Fraser, Hauptdarsteller des ersten 3D-Realfilms „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“. Eine Neuauflage des Klassikers, in den USA mit einem Einspielergebnis von über 100 Millionen Dollar ein Überraschungserfolg, wurde hierzulande mangels 3D-tauglicher Leinwände immer wieder verschoben (aktuell auf den 5. März).

„Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ wendet auch all jene 3D-Spielereien an, die Produzent Katzenberg zu vermeiden versucht. Bleibt der neue 3D-Film womöglich wieder dort stecken, wo der alte zuletzt endete, als kurzweilige Attraktion ohne cinéastischen Anspruch? Wohl nicht. Denn es gibt diesmal auch ernsthaftere Regisseure, die bereits an Prestige-Projekten sitzen, um die neue Technik anzuwenden.

Steven Spielberg plant seine dreiteilige „Tim & Struppi“-Kinoserie in 3D. Besonders gespannt ist die Filmwelt auf James Camerons „Avatar“ im Dezember, seinem ersten Spielfilm nach dem Sensationserfolg von „Titanic“ – selbstverständlich in 3D. Damit hat sich James Cameron all die Jahre intensiv auseinandergesetzt, um mit innovativen Ideen das Kino von morgen zu bestimmen.daer/Markus Tschiedert

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