Notwehr oder Doppelmord? 44-Jähriger vor Gericht

Ein 44-Jähriger ersticht seinen Schwiegervater und Schwager. Er sagt, er habe sich nur wehren wollen. Der Fall ist jetzt vor Gericht.
von  Thomas Gautier
Der Angeklagte im Landgericht Nürnberg-Fürth.
Der Angeklagte im Landgericht Nürnberg-Fürth. © dpa

Nürnberg - Wegen Doppelmordes muss sich seit gestern ein 44 Jahre alter Mann vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth verantworten: Vor einem Jahr erstach er seinen 65 Jahre alten Schwiegervater und dessen 26-jährigen Sohn in einem Haus in Neumarkt.

Im Prozess machte er Notwehr geltend – laut Anklage aber rächte sich der Kosovo-Albaner an der Familie seiner Frau, die ihn verlassen hatte. Die Trennung habe er als Ehrverletzung betrachtet, sagte Staatsanwältin Elisabeth Böhmer am ersten Prozesstag.

Der Angeklagte äußerte sich zu den Vorwürfen nicht selbst, sondern ließ seinen Verteidiger eine Erklärung verlesen. Demnach soll der Angriff von den beiden Männern ausgegangen sein. Er sei damals zu seinem Schwiegervater gefahren, um ihn um Hilfe zu bitten. Nach der Trennung habe er seinen Sohn nicht mehr sehen dürfen – er habe gehofft, der Schwiegervater vermittle. Aber der 65-Jährige habe ihm Reizgas in die Augen gesprüht und der Schwager habe mit einem Küchenbeil auf ihn eingeschlagen.

Polizeibeamte sagten am Dienstag aus, sie hätten den Angeklagten stark blutend und regungslos im Treppenhaus vorgefunden. Außerdem sei ihnen ein beißender Geruch aufgefallen, weshalb sie zunächst auch eine Gasexplosion für möglich hielten. Die Feuerwehr fand dann die beiden Leichen in der Wohnung.

Der 44-Jährige will mit dem Messer auf die Männer eingestochen haben, um sich zu verteidigen. „Es war aus unserer Sicht ein Fall von Notwehr“, sagte Verteidiger Jürgen Schwarz vor Prozess-Beginn. Staatsanwältin Elisabeth Böhmer dagegen sagte, der Angeklagte habe die Tat geplant und auch das Messer bereits bei sich gehabt. Der mittlerweile geschiedene Mann beantwortete keine Fragen.

Die Kammer will sich mit Indizien, einem psychiatrischen Gutachten und den Aussagen von mehr als einem Dutzend Zeugen ihr Urteil bilden. Einen Tag vor der Bluttat hatte sich der 44-Jährige in der Bezirksklinik Regensburg psychiatrisch behandeln lassen. Direkt nach seiner Entlassung am nächsten Tag soll er den Ermittlungen zufolge nach Neumarkt zum Schwiegervater gefahren sein.

Ein Urteil wird nach sieben Verhandlungstagen für Ende Januar erwartet.

 

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