Nordspange spaltet die Nachbarschaft
Befürworter und Gegner wohnen Haus an Haus. Sie streiten um Kinder, Bäume und ruhiges Vorstadtleben. Was halten Sie vom vorläufig gestoppten Bauvorhaben? Stimmen Sie ab!
NÜRNBERG Der Bierweg – eine Verlängerung der Marienbergstraße – führt nach Westen direkt zur Flughafenstraße. Hier donnern auch am Samstagnachmittag Lkw durchs sonst so ruhige Ziegelstein, viele Autofahrer legen auf der kerzengraden Strecke das Tempolimit eher großzügig aus.
Keine Lust mehr aufs alltägliche "Wrum, wrum"
Keine zwei Meter weiter macht die kleine Marlene mit ihren großen Brüdern den Gehweg mit Kettcars unsicher. Aber ist hier nicht hundertprozentig sicher: Papa Stefan Scheurer (40) mahnt den Nachwuchs immer wieder zur Vorsicht. Er ist ein ausdrücklicher Befürworter der vorläufig gestoppten Nordanbindung des Nürnberger Flughafens – seine Familie hat die Nase voll von Abgasen, die Scheureres können das „Wrum, Wrum“ der vorbeipreschenden Autos nicht mehr ertragen. Das mache, berichtet Oda Scheurer, „richtig aggressiv“.
Aggressiv wird auch Lothar Dahn. Der 71-Jährige wohnt nur einen Steinwurf entfernt von den Scheurers, hält aber von der geplanten Trasse „überhaupt nichts“. Ihm „tut es in der Seele weh“, wenn hektarweise Wald zerstört wird. Er und seine Frau Astrid (64) plädieren für eine Westanbindung durchs weitgehend baumfreie Knoblauchsland. Ohnehin rechnet Dahn damit, dass sich die hohen Erwartungen des Flughafens – sie würden noch mehr Verkehr bedeuten – „nicht erfüllen“, weder im Fracht-, noch im Passagierbereich.
Mehrere Klageverfahren stehen aus
Mensch oder Baum, Lärmschutz oder Umweltschutz, dafür oder dagegen? Die Fronten im Streit um die Nord-Anbindung scheinen geklärt: hier die Unterstützer, da die Gegner. Um die Anwohner der stark befahrenen Zufahrtsstraßen zum Airport in Nürnbergs Norden zu entlasten, soll die Flugpiste untertunnelt werden. Um das Projekt zu realisieren, müssten aber – ausgerechnet im Bannwald – 20.000 Bäume gefällt werden. Das Anhörungsverfahren wurde vor wenigen Wochen im Streit abgebrochen, der Baubeginn auf 2010 verschoben, mehrere Klageverfahren stehen aus.
Großes Unbehagen weckt das Vorhaben natürlich hauptsächlich bei den Buchenbühlern – sie wären die zukünftigen Anlieger der geplanten Nordspange. Zwei Kilometer weiter südlich leben die Menschen, die damit eigentlich entlastet werden sollen – aber auch von ihnen sind, anders als Familie Scheurer, nicht alle bedingungslos für die Autobahnanbindung. Der Streit um die Nordspange geht quer durch die Nachbarschaft – Befürworter und Gegner wohnen Haus an Haus.
Heinz Steinert (43) aus der benachbarten Uttenreuther Straße hält ohnehin den Airport gar nicht für die Wurzel des Verkehrsproblems im Bierweg: „Auswärtige benutzen den gar nicht.“ Und gegen die Feierabendstaus aus dem Gewerbegebiet nebenan könne auch die neue Trasse nichts ausrichten: „Der Wald muss bleiben.“
"Wohl der Menschen geht vor"
„So schlimm sind die Baumaßnahmen gar nicht“, kontern Andreas (50) und Monika (47) Kremser. Im Gegensatz zur momentanen Doppel–Belastung Fluzeug- und Straßen-Lärm im Bierweg. Die Kremsers engagieren sich in der Bürgerinititative für die Trasse und verweisen auf das neue Biotop am Bucher Landgraben. Außerdem: „Das Wohl der Menschen geht vor dem von Bäumen.“
Für Harald Scherm hängen beide eng zusammen: Er ist wie fast jeder Buchenbühler strikt gegen das Projekt. Er hofft auf die Gerichtsverfahren: „Vielleicht können wir die Trasse noch verhindern.“
Steffen Windschall
Mehr über die Nordanbindung zum Flughafen lesen Sie in der Printausgabe Ihrer Abendzeitung am Montag, 18. August.
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