Noch kein Ende im Zahngold-Skandal

Angestellte des Krematoriums griffen jahrelang in die Asche Verstorbener – klaubten Zahngold heraus, wurden erwischt und verurteilt. Sechs Krematoriums-Mitarbeiter gehen jetzt in Berufung.
von  Abendzeitung
Goldgrube Krematorium: Im Nürnberger Westfriedhof sammelten Mitarbeiter jahrelang Zahngold aus der Asche der Verstorbenen.
Goldgrube Krematorium: Im Nürnberger Westfriedhof sammelten Mitarbeiter jahrelang Zahngold aus der Asche der Verstorbenen. © az

NÜRNBERG - Angestellte des Krematoriums griffen jahrelang in die Asche Verstorbener – klaubten Zahngold heraus, wurden erwischt und verurteilt. Sechs Krematoriums-Mitarbeiter gehen jetzt in Berufung.

Im Oktober 2006 deckte ein Bericht der Abendzeitung einen bislang beispiellosen Skandal auf: Im Nürnberger Westfriedhof griffen Angestellte des Krematoriums jahrelang in die Asche Verstorbener – und klaubten Zahngold heraus. Durchaus ein lukratives Geschäft: Der Verkauf bei einem Nürnberger Juwelier brachte im Monat bis zu 16000 Euro ein. Sechs Männer mit langen Fingern wurden ein gutes Jahr später zu Haft-, beziehungsweise Bewährungsstrafen zwischen acht und 20 Monaten verurteilt – alle gingen in die Berufung. Der neue Termin für diese Verhandlung steht noch nicht fest.

Verurteilt wurden sie nicht wegen Störung der Totenruhe, sondern wegen versuchten Bandendiebstahls. Auch sah das Strafmaß Geldbußen zwischen 5000 und 10000 Euro vor.

Insgesamt 135000 Euro in die eigene Tasche

Für Richter Matthias Held bestand damals kein Zweifel, dass die Zahngold-Diebe in den meisten Fällen bandenmäßig vorgegangen waren, um an das Gold zu kommen. Insgesamt steckten sie sich, so war der Staatsanwalt nach seinen Berechnungen überzeugt, 135000 Euro in die eigene Tasche.

Held war der Überzeugung, dass die Angeklagten glaubten, das Zahngold sei entweder das Eigentum der Erben oder zumindest der Stadt Nürnberg – deshalb auch versuchter Bandendiebstahl. Denn: In Wirklichkeit ist das Zahngold so etwas wie ein herrenloses Gut.

Der Skandal erschütterte damals die Stadt Nürnberg. Vor allem, als grausige Details offenkundig wurden: So berichtete ein Insider, dass auch außerhalb des Krematoriums die Arbeiten eher denen in einer Goldmine glichen: Mit dem „Stängle“, das ist ein Stück Eisen, mit dem bei Umbettungen oder Grabauflösungen die Verschalungen im Grab gelöst werden, brachen manche der Friedhofsarbeiter den Toten bei Umbettungen die Goldzähne gleich im Grab aus dem Kieferknochen. sw

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