Nicht zu verkaufen: Des Freistaats Bruchbuden

Die Bundesrepublik ist die größte Erbin von Häusern in Deutschland: Die 16 Bundesländer sind in den letzten Jahren Allein- oder Miteigentümer von rund 10 000 Wohngebäuden und privaten Liegenschaften geworden. Der Löwenanteil ging mit 7251 Anwesen an Bayern, 3037 davon besitzt der Freistaat aktuell.
Für allzu große Freude im Münchner Finanzministerium dürfte dieser Rekordwert allerdings nicht sorgen. Der Verkauf von Fiskalerbschaften ist mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden, der Erlös oft gering, der Erfolg nicht immer gewährleistet.
2014 erbte Bayern 496 Immobilien – und veräußerte 296. Ein Jahr später blieb das Land auf 221 von 535 Häusern sitzen. Eine häufige Ursache: Bei so manchem Objekt handelt es sich schlicht um eine Bruchbude.
In Hohenwarth im Landkreis Cham etwa fiel eine Doppelhaushälfte an den Freistaat, die seit etwa 13 Jahren leer steht. Die Wände haben fingerdicke Risse, die Zimmer sind vermüllt, Feuchtigkeit hat die Tapeten abgelöst. Im Exposé der „Immobilien Freistaat Bayern“ (IMBY) heißt es denn auch nüchtern: Das Gebäude sei in „einem baulich äußerst schlechten Zustand und kann als abbruchreif eingestuft werden“.
Kronach 85 000 Euro - München 1,5 Millionen
Wie das Haus am Weißen Regen zum Staatserbe wurde, ist nicht vermerkt. Doch normal ist in solchen Fällen, dass die Nachkommen den Nachlass ausgeschlagen haben, oder sich kein Erbe finden ließ.
Schwierig dürfte der von der IMBY angestrebte „Verkauf gegen Höchstgebot“ auch bei einem als Ensemble-Denkmal gelisteten Wohnhaus im oberpfälzischen Floß sein. Dort habe – vermutlich im Januar 2015 – ein größerer Wasserschaden zu großflächigem Schimmelbefall der zentralen Innenwände geführt, heißt es im Exposé.
Und das mitten in München – Seit 10 Jahren: Diese Schule steht leer!
Etwas zuversichtlicher klingt da schon die Beschreibung eines Gebäudes unbekannten Baujahres im fränkischen Sulzdorf an der Lederhecke: „Die aufstehenden Gebäudeteile sind wirtschaftlich betrachtet allesamt verbraucht und abbruchreif, haben jedoch einen gewissen Charme.“
Rund die Hälfte der aufgegeben Häuser Bayerns stehen in Unter- und Oberfranken. In München sind solche Objekte eher selten zu finden. Schuld daran ist unter anderem der Bevölkerungsschwund in vielen ländlichen Regionen, der die Immobilienpreise sinken lässt. So kostet etwa ein „gebrauchtes“ Ein- oder Zweifamilienhaus im oberfränkischen Kronach laut Immobilienmarktbericht der Staatsregierung im Schnitt 85 000 Euro – und ein vergleichbares Objekt im Kreis München 1,5 Millionen.
All das belege, „dass wir von gleichwertigen Lebensverhältnissen noch weit entfernt sind“, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Klaus Adelt. „Das ist schlichtweg dramatisch.“ Die Staatsregierung müsse endlich etwas dafür tun, „damit die Menschen nicht wegziehen“.
Doch die Regierung nehme grundsätzlich keine baulichen Veränderungen an den Objekten vor und das ziehe mitunter die Attraktivität des ganzen Umfeldes in Mitleidenschaft.
Aus dem Finanzministerium heißt es dazu nur, der Rückschluss der SPD sei falsch: „Die Anzahl der Fiskalerbschaften sagt nichts über die Qualität der Lebensverhältnisse in einer ganzen Region. Auch niedrigere Grundstückswerte sind kein Indiz für schlechtere Lebensverhältnisse der Menschen“, so eine Sprecherin zur AZ.