Nicht so subtil und intellektuell, bitte!

In Nürnberg startet das 9. Internationale Kammermusikfestival, das heuer den Fokus auf russische Komponisten richtet. Die AZ sprach mit dem Mitbegründer und Künstlerischen Leiter, Peter Selwyn.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Entspannt blickt Peter Selwyn auf eine Woche voller Kammermusik, in der er zahllose Notenständer aufbaut. Und nebenbei auch dirigiert.
az Entspannt blickt Peter Selwyn auf eine Woche voller Kammermusik, in der er zahllose Notenständer aufbaut. Und nebenbei auch dirigiert.

Nürnberg - In Nürnberg startet das 9. Internationale Kammermusikfestival, das heuer den Fokus auf russische Komponisten richtet. Die AZ sprach mit dem Mitbegründer und Künstlerischen Leiter, Peter Selwyn.

AZ: Herr Selwyn, glauben Sie tatsächlich, man kann die Nürnberger mit russischer Kammermusik in die Konzertsäle locken?

Und ob! Das Publikum kennt ja die ganzen Komponisten sehr, sehr gut, aber nur von den bombastischen Werken her. Und ich denke, der Reiz ist sehr groß, endlich einmal die Möglichkeit zu haben, die intime Seite kennen zu lernen, etwa bei den Liedern von Tschaikowsky...

...deren russische Texte vermutlich niemand verstehen wird.

Schon richtig. Aber ich denke, dass es durchaus reicht, die Übersetzungen vorher im Programm zu lesen. Die russischen Komponisten haben eine ganz besondere Begabung, Gedichte mit unglaublich viel Tiefe, Leidenschaft und auch Innigkeit musikalisch auszuformen. Die Texte vermitteln sich wunderbar über die Musik, da sie bei Weitem nicht so subtil und intellektuell sind wie die französischen oder deutschen Lieder.

Warum ist russische Kammermusik, von Dmitri Schostakowitsch mal abgesehen, eigentlich so unbekannt?

Naja, es gibt eben Moden – und vielleicht trägt ja diese Woche dazu bei, dass wieder mehr russische Kammermusik gehört wird. In anderen Ländern ist sie ja sehr beliebt, etwa in England.

Wo Sie derzeit auch leben. Sie haben aber auch mal in Nürnberg gewohnt...

Richtig, ich war hier fünf Jahre lang Kapellmeister am Staatstheater. Da ist mir sehr schnell aufgefallen, dass die Deutschen wahnsinnig viel in Opern und große Konzertsäle gehen, aber kaum Kammermusik hören. Deshalb haben wir auch 2002 dieses Festival ins Leben gerufen...

...dessen künstlerischer Leiter Sie zusammen mit Frances Pappas und Andrew West sind. Wie teilen Sie sich eigentlich die Arbeit auf?

Frances Pappas ist hauptsächlich für die Jugendprojekte wie zum Beispiel Orfeo in diesem Jahr zuständig, Andrew West plant zusammen mit mir das Programm, ist aber hauptsächlich für die Klavierbegleitung zuständig – der spielt ja fast jeden Abend! Ich selbst befasse mich hauptsächlich mit der Organisation und leite am letzten Abend die großen Ensembles bei Wagners Siegfried-Idyll und Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“. Ansonsten werde ich kommende Woche damit zubringen, für die Konzerte die Notenständer aufzubauen und den Solisten umzublättern.

Sie sind ein renommierter, international gefragter Dirigent und bauen jetzt Notenständer auf?

Ja! Das ist eine wunderschöne Arbeit. Ich darf eine Woche lang tolle Musik hören, und das ganz ohne Lampenfieber. Außer am letzten Abend, natürlich. Interview: Maximilian Theiss

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.