"Nicht jetzt": Spitze will Kanzler-Debatte runterkochen
Berlin/München - Bitte nicht die K-Frage stellen: Spitzenpolitiker von CDU und CSU versuchen, die Debatte um den nächsten Kanzlerkandidaten der Union klein zu halten. In Umfragen liegt CSU-Chef Markus Söder dabei deutlich vorn - er betonte aber bisher stets, sein Platz sei in Bayern. "Markus Söder ist ein sehr guter Ministerpräsident und führungsstarker CSU-Vorsitzender. Die Frage, wer Kanzlerkandidat wird, diskutieren wir jedoch, wenn es so weit ist, und nicht jetzt, mitten in einer so ernsten Lage für das Land", sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). "Das ist auch mein Appell an die gesamte Union."
Mit diesem Aufruf ist er nicht alleine. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) hatten vor verfrühten Debatten gewarnt. Bundesinnenminister und Ex-CSU-Chef Horst Seehofer reihte sich am Wochenende ein: "Das ist eine Diskussion zur Unzeit", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstag). Zum Thema Kanzlerkandidatur sagten "jetzt alle, die Profis sind, nichts".
Ziemiak verwies auf den Zeitplan der Union: Erst nach dem CDU-Parteitag Anfang Dezember, bei dem die Partei einen neuen Vorsitzenden wählen will, werde man "mit der CSU besprechen, wer unser gemeinsamer Kanzlerkandidat werden wird", sagte er. Für Personaldebatten sei in der Corona-Krise nicht die Zeit.
Dabei war es gerade das Krisenmanagement in den Corona-Monaten, das Söders Ansehen in deutschlandweiten Umfragen nach oben trieb und seinem vielleicht stärksten Konkurrenten, Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet (CDU), Kritik einbrachte. Laschet bewirbt sich um den CDU-Vorsitz, ebenso wie Friedrich Merz und Norbert Röttgen. Diesen dreien trauen - Stand jetzt - deutlich weniger Bürger das Kanzleramt zu als Söder.
Angeheizt wurde die Debatte gerade durch einen bildstarken Besuch von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei Söder auf Schloss Herrenchiemsee, Kutschfahrt inklusive. Aber auch ein gemeinsames "Zeit"-Interview von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble mit Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU), dem er einen "Willen zur Macht" attestierte, heizte Spekulationen an. Spahn tritt bisher mit Laschet im Team an und will sein Stellvertreter werden. Auch er hat in der Corona-Krise deutlich an Profil gewonnen - was zur Frage führte, ob er nicht der bessere Frontmann wäre.
In einem Interview der "Welt am Sonntag" mit Merz fiel das Wort Kanzler zwar nicht, der Bewerber auf den CDU-Vorsitz sprach aber ausführlich über Außenpolitik. Über sich selbst sagte er unter Verweis auf seine Berufserfahrung in der Wirtschaft, er wäre im Fall seiner Wahl "einer der modernsten Parteivorsitzenden".
Trennen lässt sich der CDU-interne Wahlkampf von der K-Frage ohnehin nicht. Aktuellen Umfragen zufolge hat die Union mit 37 bis 39 Prozent die deutlich besten Chancen, auch nach der Ära Merkel den Kanzler zu stellen - zum Ärger der SPD, die nach wie vor bei 14 bis 16 Prozent steht und damit hinter den Grünen. Allerdings hoffen bei den Sozialdemokraten viele, dass es für sie leichter wird ohne den "Merkel-Effekt".