Neues Beerdigungsinstitut in Regensburg: Mitgefühl mit den Trauernden im Fokus

"Irgendwann sterben wir. Das ist eine Tatsache, die wir gerne verdrängen. "Das Spannende am Tod ist, dass es einfach keine Antwort auf die Frage 'Was kommt danach'? gibt", sagt Magdalena Schwarzwald der AZ.
Ein offener Raum für Trauernde ohne Tabus
Laut Statistischem Bundesamt sterben in Deutschland jährlich rund eine Million Menschen. Dennoch sei der Tod in der Gesellschaft noch immer ein Tabu-Thema. Dabei ist er doch allgegenwärtig. Und obwohl sich keiner gerne mit der eigenen Endlichkeit beschäftigt, boomen True-Crime-Podcasts, brutale Videospiele und Krimifilme. "Wir haben eigentlich ein sehr ambivalentes Verhältnis zum Tod", so Schwarzwald.
Die junge Frau und Kollegin Anni Klostermeier (beide 31) wollen dies ändern. Die Sozialpädagoginnen haben deshalb das Bestattungsunternehmen "Plan B" in der Regensburger Altstadt gegründet. Die Idee: Trauernden soll ein offener Raum geboten werden, ohne Tabus und gesellschaftliche Vorgaben.
Kennenlernen während Masterstudium
Klostermeier interessiert sich schon seitdem sie 15 Jahre alt ist für das Thema. Damals machte sie ihr erstes Praktikum bei einem Floristikgeschäft, das direkt an einem Friedhof gelegen war. Schwarzwald hingegen sei eher in den Bereich reingerutscht, erzählt sie. Die Regensburgerinnen haben beide Soziale Arbeit studiert und sich im Masterstudium Perimortale Wissenschaften kennengelernt. "Der Tod hat mich in den ersten Vorlesungen angefixt", so die Mutter zweier Kinder weiter.
Eröffnung des eigenen Bestattungsunternehmens
Wie die Menschen mit ihm umgehen - medizinisch, juristisch, theologisch, philosophisch -, all dies habe sie begeistert. "Wie haben wir uns als Gesellschaft das Sterben in der Vergangenheit erzählt, und wie gehen wir aktuell damit um?"
Nach einem gemeinsamen Praktikum bei dem Bestatter Lebensnah in Berlin, "der auch einen modernen Ansatz hat", erzählen sie, entschieden sich die Freundinnen dazu, ihr eigenes, neuartiges Bestattungsunternehmen zu gründen.
Ein "Ort, wo erstmal alles sein darf"
In Zeiten, in denen immer mehr Menschen aus religiösen Institutionen aussteigen, sei ein solcher "wertschätzender und wertfreier" Raum, der sich mit dem Tod auseinandersetzt, wichtiger denn je, sagt Schwarzwald. Der Glaube habe vielen Menschen lange Halt gegeben. Falle dieser weg, mache sich Unsicherheit breit. Gleichzeitig werde das Thema Altern in der heutigen Leistungsgesellschaft oft weggeschoben. Der Tod sei im Grunde die Extremform des Nicht-Mehr-Leisten-Könnens. Und geht ein geliebter Mensch, existierten gar genaue Vorstellungen, wie getrauert werden soll. Was die Angehörigen aber in dieser Zeit brauchen, sei ein "Ort, wo erstmal alles sein darf".
Trauergruppen und Workshops
Neben den klassischen Aufgaben - Abholen der Toten, Waschen, Ankleiden, Organisation der Beerdigung und Begleitung der Angehörigen - bieten die Sozialpädagoginnen auch Veranstaltungen an. Etwa Trauergruppen oder Workshops, in denen sich Angehörige bewusst mit ihrem Kummer auseinandersetzen können. Auch kreative und kulturelle Angebote für die Zivilgesellschaft gibt es.
"Wir möchten die Angehörigen bestärken, ihnen Halt geben."
Neu erfinden wollen die jungen Frauen Bestattungen dabei nicht. "Aber neu denken", sagt Schwarzwald. "Ich möchte weder Generationsbashing betreiben, noch sagen, dass es die anderen Bestatter schlecht machen", betont sie. Dies sei nicht der Fall. Doch gerade in Bayern sei das Angebot nicht vielfältig genug. "Und ich glaube, dass die Branche zu homogen, weiß und männlich ist. Da findet sich nicht jeder wieder, der begleitet werden möchte." Ihr neues Bestattungsinstitut soll folglich ein zusätzliches Angebot schaffen, einen Plan B eben.
So gehen die Frauen mit ihren Kunden gemeinsam durch die gesamte Trauerphase, wenn das gewünscht wird. Die Angehörigen werden in den Prozess der Bestattung mit eingebunden, werden zum Waschen und Ankleiden der Verstorbenen eingeladen. "Wir möchten sie bestärken, ihnen Halt geben."
Trauernde im Fokus, nicht das Verkaufsgespräch
Es sei wichtig, dass Menschen, die gerade ihre Liebsten verloren haben, sich weiter als handlungsfähig wahrnehmen und nicht das Ohnmachtsgefühl durch den Verlust Oberhand gewinne. "In einer solchen Krisensituation ist Selbstwirksamkeit entscheidend", so die Regensburgerinnen.
Auch bei der Beerdigung selbst - ob in der Kirche oder bei einer freien Beerdigung - stehen die Frauen an der Seite der Betroffenen, sogar die Trauerrede übernehmen sie, wenn die Angehörigen selbst nicht dazu in der Lage sind.
Das Angebot von Plan B ist zudem reduziert: "Wir haben im Sortiment zum Beispiel nur einen Sarg, der regional und nachhaltig produziert wird." In den Fokus sollen ganz die Trauernden rücken, nicht ein Verkaufsgespräch. Die Frauen nutzen die Zeit lieber, um herauszufinden, wie genau der jeweilige Abschied gestaltet werden soll.
Nicht immer einfach
Einfach sei die Arbeit nicht immer, sagt Schwarzwald. Doch umso wichtiger sei die Hilfe für Angehörige und auch für die Bestatterinnen selbst. Es gebe auch Fälle, in denen sie selbst mal supervisorisch begleitet werden. Doch auch das gehöre beim Thema Tod dazu. Schließlich (be)trifft er uns alle.
Am 4. März veranstaltet Plan B, Obermünsterstraße 17, 93047 Regensburg, einen Tag der offenen Tür, danach soll das Bestattungsinstitut offiziell eröffnen.