Neuer U-Bahn-Tunnel: Ist dieses Haus einsturzgefährdet?
Friedrich-Ebert-Platz: Meterlange Risse ziehen sich durch ein Altbau-Gemäuer. Gibt's Parallelen zur Katastrophe von Köln?
NÜRNBERG Nur 22 Stunden nach der Katastrophe von Köln setzte sich OB-Gattin Petra Maly ans Steuer des 200-PS-Baggermonsters und durchbrach unter ohrenbetäubendem Getöse die Mauer zum Bielingplatz. „Tunneldurchschlagparty“ in Nürnberg bei Bratwurst, Schnaps und warmen Worten, während die Kölner auf den Trümmern ihres Stadtarchivs um Schätze der Stadtgeschichte und – vermutlich – zwei Todesopfer weinen.
Es wird immer wahrscheinlicher, dass der U-Bahn-Bau (Mit-)Schuld an dem Einsturz hat. Und auch in Nürnberg, wo ein weiterer Bauabschnitt der Linie 3 vor dem Abschluss steht, geht die Angst um. Und das nicht erst seit dem Unfall in der Rheinmetropole!
„Um sechs Millimeter hat sich das Gebäude nach vorne geneigt“
Im Haus von Werner Mötsch in der Bucher Straße, direkt über dem Tunnel, jedenfalls wackeln seit Baubeginn nicht nur die Wände. Sie springen auf! Zwischen den Hausnummern 42 und 44 zieht sich ein meterlanger Riss entlang der Regenrinne. Viele kleine Risse finden sich im Treppenhaus, zerstören langsam die detailreichen Jugendstil-Fresken. Am deutlichsten zeigen sich die Auswirkungen am Haus nebenan: „Um sechs Millimeter hat sich das Gebäude nach vorne geneigt“, berichtet der ehemalige Zahnarzt. Seine eigene Haustür musste Mötsch von einem Schreiner zurechtsägen lassen: „Sie ging nicht mehr zu!“ Sein Praxis-Nachfolger Maximilian Frank berichtet von zerstörten Platinen am Röntgenapparat und anderen Geräten: „Wir führen das auf die Bauarbeiten zurück – aber beweisen Sie das mal!“
Statik-Experte Heinrich Bökamp warnt
Ullrich Reinke, Vorsitzender der Geschäftsleitung des Bauträgers Hochtief AG hingegen, will den Ball flach halten. Er reagiert zunehmend genervt auf Fragen zu möglichen Parallelen der Kölner und Nürnberger Bauarbeiten: „Was wir hier machen, ist hundertprozentig sicher!“ Schon im Vorfeld seien alle Probleme und Eventualitäten berücksichtigt worden. Aber hatten sich denn nicht auch die Kollegen in Köln ebenso „hundertprozentig“ sicher gefühlt? „Warum passierten Unfälle auf der Autobahn?“, weicht Reinke mit einer Gegenfrage aus.
Statik-Experte Heinrich Bökamp jedenfalls hält das Unglück von Köln für „keinen Einzelfall“. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ bekannte er: „Sorgen mache ich mir an vielen Stellen, wo in der Nähe von alter Bausubstanz gearbeitet wird.“ So wie am Nürnberger Friedrich-Ebert-Platz, wo Altbauten die Baustelle säumen.
Steffen Windschall