Neue Handy-Frequenz stört Mikros in Stadion und Theater

Private Gespräche tönen über Stadion-Lautsprecher – auf die Betreiber rollt jetzt eine Kosten-Lawine zu
von  Abendzeitung
Wenn die Frequenzen nicht zu trennen sind: Was hören die Club-Fans zusätzlich, wenn sie Stadionsprecher Guido Seibelt begrüßt?
Wenn die Frequenzen nicht zu trennen sind: Was hören die Club-Fans zusätzlich, wenn sie Stadionsprecher Guido Seibelt begrüßt? © bayernpress.com

Private Gespräche tönen über Stadion-Lautsprecher – auf die Betreiber rollt jetzt eine Kosten-Lawine zu

NÜRNBERG Alfred Döderlein, der geschäftsführende Direktor des Staatstheaters Nürnberg, hat eine Horror-Vision: Mitten in die Aufführung platzt das Handy-Gespräch eines Besuchers im Foyer. Unüberhörbar dringen intime Details eines vertraulichen Gesprächs aus den Lautsprechern. Ortswechsel: Während Stadion-Sprecher Guido Seibelt die Club-Aufstellung verkündet, nehmen gleichzeitig über 40.000 Fußball-Fans Anteil am herzzerreißenden Handy-Telefonat eines verliebten Teenagers teil.

Wie das alles kommt? Die Bundesnetzagentur hat kürzlich für knapp 4,4 Milliarden Euro neue Frequenzen für den Mobilfunk versteigert. Unter den Hammer kamen auch Frequenzen im 800-Megahertz-Bereich, die durch die Abschaltung des analogen Rundfunks frei wurden und eine hohe Reichweite haben. Auf dieser Welle senden aber auch die meisten drahtlosen Mikrofon-Anlagen dieser Republik!

Technik zur Trennung der Frequenzen? Fehlanzeige

Zwar werden Betreibern wie Meistersingerhalle, Stadion, Staatstheater, Tafelhalle oder Bildungszentrum neue Frequenzen zugewiesen. Aber die alten Geräte taugen dafür nicht mehr. Döderlein schätzt die Kosten für die nötigen Neuanschaffungen alleine seines Hauses auf rund 200.000 Euro. „Es wird gar nicht zur Kenntnis genommen, welche Lawine da auf uns zurollt“, sagt er. Schätzungen gehen davon aus, dass durch den Frequenz-Wechsel bis zu 3,5 Milliarden Euro an Kosten entstehen. Zwar hat der Bund jetzt laut dem CSU-Abgeordneten Michael Frieser eine Kostenerstattung zugesagt. Doch angesichts der Dimension befürchtet Döderlein, „dass der Verteilungskampf noch erbitterter werden wird.“

Und wenn’s nur das Geld wäre: Zurzeit hat die Industrie noch gar keine Technik anzubieten, die die exakte Trennung der Frequenzen gewährleistet. Döderlein: „Es wird in Versuchsgebieten getestet. Die Lösungen sind aber noch nicht zufriedenstellend.“ Die neuen Frequenzen, die mobiles Surfen per Handy, aber auch die Versorgung des flachen Landes mit schnellem Internet bringen sollen, könnten noch zu einer sehr teuren Angelegenheit werden! venne

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