Neue BRK-Chefin Schorer: "Ohne die Jungen geht es nicht so weiter"
Wer sich die Vita von Angelika Schorer anschaut, könnte meinen: Diese Frau hat genug zu tun. Die 63-jährige gelernte Bankkauffrau und spätere Landwirtin aus Kaufbeuren hat vier Kinder, acht Enkel, engagiert sich karitativ, ist seit 1995 Mitglied der CSU, sitzt seit 2003 als Abgeordnete im Bayerischen Landtag für den Stimmkreis Marktoberdorf und gehört dem Präsidium an.
Seit Sonntag kommt eine weitere Aufgabe hinzu: Die Schwäbin wurde mit 197 von 378 Stimmen auf der Landesversammlung des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) zur neuen Präsidentin des Verbandes gewählt. Schorer setzte sich damit - knapp - gegen den parteilosen Münchner Zahnmediziner Holger Krems durch.
Das Amt ist eher von Außen an Schorer herangetragen worden
Dem BRK freilich ist Schorer schon lange treu: Angefangen hat sie als Vorsitzende im Kreisverband Ostallgäu, seit 2009 ist sie Bezirksvorsitzende der Hilfsorganisation im Regierungsbezirk Schwaben. Sie kenne die Themen des BRK seit über 16 Jahren, erzählt die neue Präsidentin der AZ. Dennoch habe sie gezögert, dieses Amt zu übernehmen.
Schorer: "Ich habe mir Zeit gelassen"
Als Ende August intern bekannt geworden sei, dass ihr Vorgänger Theo Zellner nach zwei Amtszeiten nicht erneut antrete, habe es Anrufe und Anfragen von mehreren Seiten an sie gegeben. "Aber ich habe mir Zeit in der Abwägung gelassen, das gebe ich zu", so Schorer. "Ich habe mich gefragt: Welche Herausforderungen kommen? Wie viel Zeit nimmt das in Anspruch?" Im Oktober sei die Entscheidung zur Kandidatur dann gefallen.
Inzwischen klingt die neue Frau an der Spitze des größten Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (circa 26 000 hauptamtlich Beschäftigte, 750 000 Fördermitglieder und 180 000 Ehrenamtliche) etwas entschlossener: "Ich habe meinen eigenen Stil und ich möchte einiges in der Zukunft anders machen", sagt sie. Sie sagt nicht: verbessern.
Schorer will den Verband zusammenführen
Schorer muss Fingerspitzengefühl beweisen, nicht nur mit Blick auf die achtjährige Amtszeit ihres CSU-Parteikollegen Zellner, sondern auch im Wissen darum, dass es bei ihrem Sieg erstmals in der Geschichte des BRK eine Abstimmung zwischen zwei Kandidaten um das Präsidentenamt gegeben hat. "Ich sehe es als meinen Auftrag, auch diejenigen, deren Stimme ich nicht gewinnen konnte, zu überzeugen", sagte sie am Sonntag. Sie wolle den Verband zusammenführen.
Darüber hinaus nennt sie, die selbst ein Unternehmen führte, die Finanzen als eines der Themen, die sie angehen möchte, ebenso Pflege, mehr Transparenz auf der Führungsebene und die bessere Koordinierung der Gemeinschaften - also Bereitschaften, Wasserwacht und Bergwacht - bei Einsätzen.
Wird es künftig genügend Ehrenamtliche geben?
Eine der größten Herausforderungen der Zukunft sieht Schorer in der Stärkung des Ehrenamts. "Die Frage wird sein: Wie können wir es schaffen, dass man etwa im Katastrophenfall noch genügend Ehrenamtliche bereit hat?", so die 63-Jährige. Dies mitzugestalten, reize sie. "Weil es diese Menschen auch verdient haben, dass man sich für sie einsetzt."
Die neue Präsidentin berichtet auch vom Druck, den die Pandemie für die BRK-Helfer mit sich bringt, von Arbeitgebern, die sie für Einsätze freistellen müssen, und dass nicht alle dies großzügig tun. Hier müsse man etwa über steuerliche Vorteile auf Bundesebene nachdenken.
Das positive Echo nutzen
Gleichzeitig seien die Helfer durch die Leistungen in der Corona-Zeit auch stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. "Diesen Schwung, das positive Echo in der Gesellschaft, müssen wir jetzt nutzen. Denn wenn wir keine Jungen mehr haben, geht es nicht so weiter", sagt Schorer. Es klingt nach: genug zu tun.