Neonazis verstärken Aktivitäten nach Aufdeckung der Neonazi-Morde

Die Aufdeckung der zehn Morde der Zwickauer Neonazi-Terrorgruppe NSU und der Selbstmord der beiden Täter haben die rechte Szene deutschlandweit mobilisiert. Bayern ist keine Ausnahme.
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Von Polizisten abgeschirmt: Die Neonazis marschieren über die Sonnenstraße.
Georg Feindt Von Polizisten abgeschirmt: Die Neonazis marschieren über die Sonnenstraße.

Die Aufdeckung der zehn Morde der Zwickauer Neonazi-Terrorgruppe NSU und der Selbstmord der beiden Täter haben die rechte Szene deutschlandweit mobilisiert. Bayern ist keine Ausnahme.

München – Seit der Aufdeckung der Neonazi-Mordserie verstärken Rechtsextremisten und Neonazis in Bayern ihre Aktivitäten. „Seit Herbst 2011 beobachten wir eine Zunahme der Aktivität der rechtsextremen Szene“, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Freitag bei der Vorlage des bayerischen Verfassungsschutzberichts. „Dabei stellen wir auch ein erhöhtes Aggressions- und Gewaltpotenzial fest.“

Führende bayerische Neonazis sind nach Einschätzung des Verfassungsschutzes der verurteilte Rechtsterrorist Martin Wiese und ein fränkischer Extremist des „Freien Netzes Süd“, der mit geschätzt 100 bis 150 Anhängern größten Neonazi-Gruppe in Bayern. Wiese versucht demnach, alle bayerischen Neonazi-Gruppen zu vereinigen und ein bayernweites Netzwerk unter seiner Führung aufzubauen.

Wiese war 2003 der Drahtzieher des verhinderten Bombenanschlags auf die Einweihungsfeier der neuen Münchner Synagoge und ist seit 2010 wieder auf freiem Fuß. Er war 2011 bei mehreren rechtsextremen Veranstaltungen gemeinsam mit seinen damaligen Komplizen anwesend, obwohl ein Kontaktaufnahmeverbot besteht. Die Justiz ist bisher nicht eingeschritten, weil die bloße zeitgleiche Anwesenheit auf einer Veranstaltung nicht als Kontaktaufnahme zählt.

Innenminister Herrmann ließ Unzufriedenheit durchblicken: „Ich mache kein Hehl daraus, dass ich mir vorstellen könnte, dieses Kontaktverbot etwas restriktiver auszulegen“, sagte er. Bei den rechtsextremistischen Gewalttaten gab es im vergangenen Jahr in Bayern keine nennenswerte Veränderung: 2011 waren es 57 Taten, eine weniger als im Jahr zuvor . „Die Entwicklung, die wir seit Ende November spüren, spiegelt sich in den Zahlen für das ganze Jahr noch nicht wider“, sagte Herrmann dazu.

Aggressiver und gewalttätiger treten Rechtsextreme offensichtlich vor allem in Franken auf. So gab es in den vergangenen Monate unter anderem Angriffe auf Teilnehmer einer Mahnwache und weitere Aktionen gegen Bürger, die sich gegen rechts engagieren. Auch die gewalttätigen Auseinandersetzungen von Rechts- und Linksextremisten in Franken haben laut Sicherheitsbehörden zugenommen.

Bayernweit verschieben sich die Gewichte zwischen den verschiedenen Gruppen und Parteien. Die Zahl der Neonazis in den nicht organisierten Gruppen ist laut Verfassungsschutz seit 2009 von 500 auf 700 gestiegen. „Das ist genau der Bereich, von dem die Gefahr ausgeht“, sagte Burkhard Körner, der Chef des bayerischen Verfassungsschutzes. Auf der anderen Seite hat die Zahl rechtsextremer Skinheads von 500 auf 300 abgenommen. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat inzwischen einzelne als besonders gefährlich geltende Neonazis unter verschärfte Beobachtung genommen, außerdem gibt es eine neue Arbeitsgruppe, deren Name Körner bei der Pressekonferenz geheim hielt.

Linksextreme und Islamisten spielten bei der Pressekonferenz nur eine untergeordnete Rolle, auch wenn Herrmann betonte, dass die Gefahren nicht vernachlässigt werden dürften. De Zahl der linksextremen Gewalttaten nahm um fast zwei Drittel ab – von über 170 auf 57. Hauptursache war, dass es 2011 weniger Angriffe von linken Gegendemonstranten bei rechten Kundgebungen gezählt wurden. Erstmals seit Jahren taucht die Islamische Gemeinde Penzberg nicht mehr im Verfassungsschutzbericht auf. Doch beobachtet wird nach wie vor: „Wir schauen weiter hin“, sagte Körner dazu. Der Penzberger Imam Benjamin Idriz tritt als Fürsprecher eines moderaten Euro-Islam auf und beschwert sich seit Jahren über die Beobachtung.

 

 

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