Neonazis nutzen Franken als Aktionsbasis
In den größeren fränkischen Städten sind ihre Aufmärsche selten geworden, präsent sind Neonazis in Nordbayern dennoch weiterhin - nach Einschätzung einer Expertin mehr denn je: Franken sei für Rechtsextreme inzwischen eine wichtigen Aktionsbasis.
Nürnberg – Süddeutsche Neonazis nutzen nach Einschätzung der nordbayerischen Rechtsextremismus-Expertin Birgit Mair Franken immer stärker als Aktionsbasis. „Die Neonazis haben sich in Franken inzwischen Strukturen geschaffen, die es ihnen erlauben, sich regelmäßig und unbehelligt zu treffen“, berichtete die Leiterin des staatlich geförderten Aufklärungsprojekts „Tacheles“ in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Mitarbeiter des Projekts informieren seit 2009 vor allem Schulklassen in Mittel- und Oberfranken über die Gefahren des Rechtsextremismus. Als Beispiel führt Mair einen von Rechtsextremen erworbenen ehemaligen Gasthof in Oberprex (Landkreis Hof) an.
Dort fänden seitdem regelmäßig Neonazi-Treffen statt. Bereits zuvor hätten Nazis ein Wiesengrundstück bei Obertrubach (Landkreis Forchheim) gekauft, das sie bereits zweimal für sogenannte nationale Frankentage mit Konzerten rechter Musikgruppen genutzt hätten.
Nach Mairs Ansicht muss verhindert werden, dass im ländlichen Franken weitere solcher neonazistischer Treffpunkte entstehen. „Das sind Strukturen, die vor allem für Jugendliche, die neu in der Neonazi-Szene sind, sehr attraktiv sind.
Sie können sich dort unbehelligt aufhalten, sich kennenlernen und sich mit anderen in der Szene vernetzen“, warnte Mair, die zugleich das Nürnberger Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB) leitet. Koordiniert werde ein Teil der bayerischen Neonazi-Szene vom „Freien Netz Süd“; dieses sei Ende 2008 erstmals im Internet öffentlich aufgetreten.
Einige der im „Freien Netz Süd“ engagierten Neonazis seien auch schon in der 2004 verbotenen „Fränkischen Aktionsfront“ vertreten gewesen. Unter dem Dach des „Freien Netzes Süd“ hätten sich auch örtliche Neonazi-Gruppen versammelt.
Über die Zahl der Neonazis in Nordbayern gebe es keine zuverlässigen Zahlen; bei Aufmärschen mobilisierten sie regelmäßig rund 300 bis 400 Sympathisanten. Ob Mitglieder der fränkischen Neonazi-Szene Kontakte zu Mitgliedern der Zwickauer Terrorzelle unterhielten, vermag auch Mair nicht seriös einzuschätzen.
Ihr sei beim Besuch der drei Nürnberger Tatorte aus der „Dönermord-Serie“ lediglich eines aufgefallen: „Alle drei Tatorte lassen auf gute Ortskenntnis schließen. Das Ganze sieht nicht danach aus, als ob ortsfremde Täter spontan in die Stadt gefahren sind und wahllos drei türkischstämmige Kleinunternehmer erschossen haben.
Alles sieht danach aus, dass die Täter Helfershelfer vor Ort hatten“, gibt Mair zu bedenken. Das bedeute aber nicht zwingend, dass diese aus der regionalen Neonazi-Szene stammten.