Neonazi-Treffpunkt mitten in der Altstadt?
"Tønsberg"-Laden in der Schumacher-Straße: Vermieter fühlt sich übertölpelt. Erste Proteste vor dem Geschäft.
NÜRNBERG Ausgerechnet in der Nürnberger Dr.-Kurt-Schumacher-Straße – benannt nach dem SPD-Vorsitzenden, der lange in Konzentrationslagern interniert war – könnte ein Treffpunkt für die regionale Neonazi-Szene entstehen: Im Laden „Tønsberg“, der seit Freitag im „Maximum“ Klamotten der einschlägig bekannten Marke „Thor Steinar“ anbietet.
Die Kapuzenpullis, T-Shirts und Jacken erfreuen sich in rechtsextremen Kreisen größter Beliebtheit. Nach Einschätzung des Brandenburger Verfassungsschutzes (die Firma stammt aus Königs Wusterhausen bei Berlin) gilt „Thor Steinar“ als „szenetypisches Erkennungsmerkmal“. In vielen deutschen Fußballstadien und im Deutschen Bundestag ist das Tragen verboten. Auf den ersten Blick kommen Geschäft und Klamotten völlig unverdächtig daher: Wiederkehrendes Element ist die norwegische Landesfahne (Norwegen hat rechtliche Schritte eingeleitet), hochwertig verarbeitete Windbreaker und Strickpullover erwecken den Eindruck einer normalen Outdoor- und Streetwear-Marke. Erst ein Blick auf Details (Runen, Schriftzüge wie „Luftlandedivision“) gibt Hinweise auf die Hintergründe von Thor Steinar.
Kein Wunder, dass Markus Maisch, Vermieter des Ladens im „Maximum“, aus allen Wolken fiel, als er von der AZ erfuhr, mit welchen Leuten er und die anderen Mieter es jetzt zu tun haben: „Ich bin erschüttert. Wie bekomme ich die wieder raus?“
Im „Tønsberg“-Laden indes spricht man sächsisch. Presseanfragen werden nicht beantwortet. Pikantes Detail: Der Geschäftsführer wurde kurz vor der Eröffnung bei der Polizei vorstellig. Worum es ging, will Polizeisprecher Peter Grimm nicht verraten. Womöglich befürchtet der Filial-Chef massive Proteste. Zurecht: Kaum eröffnet, verteilten Linke erste Flugblätter. Erst im Februar musste eine Berliner Tønsberg-Filiale auf großen öffentlichen Druck hin dicht machen.Steffen Windschall
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