Nehmen Holzdiebstähle wegen steigenden Preisen zu?

Stehlen Menschen das Brennmaterial vermehrt aus Bayerns Wäldern? Es sieht so aus. In Berchtesgaden trudeln etliche Anzeigen ein.
Kilian Pfeiffer, Ruth Schormann |
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Mehrere Festmeter frisch geschlagene Baumstämme liegen abseits der Straße am Waldrand. Greifen Diebe hier zu, haben die Holzeigentümer wenig Chancen, die Langfinger zu erwischen.
Mehrere Festmeter frisch geschlagene Baumstämme liegen abseits der Straße am Waldrand. Greifen Diebe hier zu, haben die Holzeigentümer wenig Chancen, die Langfinger zu erwischen. © dpa/Soeren Stache

München - In Zeiten steigender Energiepreise häuft sich der Holzdiebstahl. Allein im Berchtesgadener Talkessel hat die Polizeiinspektion in den vergangenen Wochen ein halbes Dutzend Anzeigen wegen Entwendungen vermerkt. Die Waldbesitzervereinigung Berchtesgaden-Laufen erkennt zwar bisher kein allgemeines Problem. Auf strenge Ahndung im Fall der Fälle hofft aber Geschäftsführer Tobias Glück.

Interesse an Brennholz und seinem Preis gestiegen

Die Waldbesitzervereinigung Berchtesgaden-Laufen verkauft selbst kein Brennholz, sie bietet aber eine Brennholzplattform für Nutzer im Internet an. Dort können Verkäufer aus der Region das Naturprodukt anbieten. Gleichzeitig ist es potenziellen Käufern möglich, sich zu informieren. "In den vergangenen Wochen und Monaten fiel verstärkt auf, dass die Zahl an Anrufen bezüglich Brennholzpreisen und Brennholzkauf stark angestiegen ist", sagt der Geschäftsführer.

Vom Baum zum Scheit: Hohe Kosten und viel Mühe

Im Berchtesgadener Talkessel klauten Unbekannte in den vergangenen Monaten wiederholt im Freien gelagertes Brennholz. Tobias Glück, der für die Waldbesitzer spricht, ist darüber bislang aber "recht wenig bekannt". Natürlich sei die Ware Holz "vor Langfingern nicht immer geschützt, zumal Brennholz oft auch zum Trocknen im Wald gelagert wird". Glück sagt: "Sollten solche Vorfälle vermehrt auftreten, hoffe ich, dass diese streng geahndet werden." Denn der Weg vom Baum zum Holzscheit sei mit hohen Kosten und viel Mühe verbunden.

Preise steigen schon seit Jahren 

Bereits seit Corona haben die Preise deutlich angezogen, obwohl Holz in der Region reichlich vorhanden ist und obwohl deutlich mehr wächst, als geerntet wird. "Die Ursachen dafür sind sehr komplex und nicht immer sofort ersichtlich", sagt Glück. Zum einen sei bislang viel Holz aus östlichen Regionen importiert worden. Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sind aber manche Holzquellen zum Erliegen gekommen. Außerdem wurde in den vergangenen Jahren dem "Brotbaum" der Region, der Fichte, stark zugesetzt.

Borkenkäfer: Markt mit Holz überschwemmt

Vor allem der Borkenkäfer habe in vielen Gegenden Mitteleuropas ein flächiges Waldsterben bewirkt, sagt Glück. Dadurch sei der Markt punktuell mit Holz überschwemmt worden. Eine kontinuierliche Belieferung der Bauholz-Sägewerke sei daher auf Dauer schwierig.

Außerdem, so Glück, sei in der Gesellschaft eine ökologische Tendenz erkennbar. "Blickt man zusätzlich noch mit einem Auge nach Brüssel, wo man Biodiversität durch Flächenstilllegungen erreichen will, werden die Möglichkeiten zur Holzernte immer rarer." Dies alles habe Einfluss auf das Angebot und schließlich auch die Nachfrage.

Eine Prognose in Sachen Holzpreise ist dennoch schwierig zu treffen: "Der Holzmarkt war schon immer von Hochs und Tiefs bestimmt", sagt Glück. "Hier wird mit Produkten aus der Natur gearbeitet, er bleibt also nie homogen." Seit geraumer Zeit zeige sich, dass sich Preissprünge sowohl nach oben als auch nach unten schneller ereignen als früher. "Die Intervalle für gewisse Preisniveaus könnten kürzer werden", mutmaßt der Holzexperte. Allgemein lasse sich für 2023 nur schlecht ein Ausblick geben. Mehrere Faktoren hätten hier aber Einfluss: die Energiekrise, das Baugewerbe, der Krieg in Osteuropa. "Und nicht zu vergessen: Welchen natürlichen Katastrophen, wie zum Beispiel Sturm oder Borkenkäfer, ist der Wald in der nächsten Zeit ausgesetzt?"

Nachgefragt bei der Polizei und den Staatsforsten

Immer wieder kommt es in Bayern zu Holzdiebstahl. Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd verzeichnet einen "leichten Anstieg" in den letzten Wochen, wie Sprecher Stefan Sonntag der AZ sagt. Es handle sich aber eher "um eine Handvoll Fälle", sagt Sonntag. Im gesamten Deliktsbereich "Diebstahl" spiele Holzdiebstahl keine große Rolle, so Sonntag weiter. Es seien aber sicher ein paar Fälle mehr als früher, zeigt die Beobachtung im Rosenheimer Präsidium. Meist handele es sich um kleinere Mengen von bereits bearbeitetem, aufgeschichteten Holz, die gestohlen werden, so der Polizeisprecher.

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Die Vermutung liegt nahe, dass es sich bei den Dieben um Menschen handelt, die das Holz für ihren persönlichen Bedarf und nicht für einen Weiterverkauf klauen. "Aber auch das ist illegal", stellt Sonntag klar. In Niederbayern häufen sich die Fälle von Holzdiebstahl ebenfalls, wie Pressesprecher Günther Tomaschko vom Polizeipräsidium in Straubing der AZ mitteilt. Unter anderem kamen im September im Bereich der Inspektion Landau an der Isar ein Ster* Holz und zwei Paletten weg, im Landkreis Landshut sind im September vier Festmeter Lärche gestohlen worden, im Bayerischen Wald nahe Regen sogar fünf Ster Fichtenholz. Was die Polizei in Niederbayern darüber hinaus beschäftigt, sind Fakeshops, die mit vermeintlich günstigem Brennholz und Briketts Kunden in die Falle locken. In dem Bereich gebe es vermehrt Anzeigen in letzter Zeit, schildert Tomaschko.

So hatte etwa eine Frau aus Stallwang (Landkreis Straubing-Bogen) bei einem Fakeshop im Internet eine Palette Holzbriketts bestellt und bezahlt, aber keine Ware erhalten. Sie hatte das Geld per Sofortüberweisung auf ein französisches Konto eingezahlt. Der Bundesverband Brennholz warnt, dass die Betrüger Internetseiten von seriösen Brennholzhändlern stehlen - Kunden wiegen sich so in Sicherheit. Laut Jan-Paul Schmidt von den Bayerischen Staatsforsten ist Holzdiebstahl "kein flächendeckendes Problem". Es komme "vereinzelt" vor. Wie können Waldbesitzer und Förster ihr Holz schützen?

GPS-Tracker gegen Holz-Diebe

Schmidt empfiehlt GPS-Tracker: "Das sind kleine Geräte, die in den großen Holzpoltern versteckt werden und den zuständigen Försterinnen und Förstern ein Signal aufs Handy geben, wenn sich Holz bewegt, das sich nicht bewegen sollte." Er sagt, die Försterinnen und Förster versuchten generell, das Holz so schnell wie möglich aus dem Wald zu bringen und keine langen Lagerzeiten zu haben - "das ist wohl die beste Prävention gegenüber Diebstahl".

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