Natascha Kohnen: "Darüber muss man nochmal reden"

SPD-Vize-Chefin Natascha Kohnen über die Ergebnisse der Sondierungen – und offene Fragen.
von  Natalie Kettinger

Seit Mai 2017 ist sie Chefin der Bayern-SPD, seit Dezember 2017 Vize-Vorsitzende der Bundespartei – und vergangene Woche verhandelte Natascha Kohnen mit über das derzeit so vielzitierte Sondierungspapier. In ihrer Heimatstadt verteidigte die Münchnerin gestern das Ergebnis der Verhandlungen: "Das war ein superhartes Stück Arbeit. Wir haben eine sehr große Summe an sozialdemokratischen Forderungen reingebracht, etwa die Solidarrente oder die paritätische Finanzierung der Krankenversicherung.“

Negativ bewertete sie, dass die Bürgerversicherung und die Erhöhung des Spitzensteuersatzes nicht durchgesetzt werden konnten. Aber, gab sie zu bedenken: "Eine Koalitionsverhandlung ist nicht ein Redaktionsteam einer Sondierungsgruppe, die nur noch Kommata verändern darf. Das ist definitiv nicht so.“

"Das werden wir wieder hinausstreichen.“

Auch bei der Ausweitung der sogenannten sicheren Herkunftsländer wünsche sie sich "mehr Abwägung“.

Verärgert zeigte sich Kohnen außerdem darüber, dass die CSU nach Abschluss der eigentlichen Verhandlungen über dieses Thema noch einen Halbsatz ins Migrations-Kapitel "hineingeschmuggelt habe“. Dort heißt es nun, Flüchtlinge würden in zentralen Aufnahmeeinrichtungen untergebracht, "in denen Residenzpflicht und das Sachleistungsprinzip gilt“. Dazu Kohnen: "Darüber muss man nochmal reden. Das wurde da einfach hineingeschrieben – und das werden wir wieder hinausstreichen.“

Auch bei der Ausweitung der sogenannten sicheren Herkunftsländer wünsche sie sich "mehr Abwägung“.

Darüber hinaus müsste in Koalitionsverhandlungen noch über Themen geredet werden, auf die es bislang keine Antworten gegeben habe, "weder in die eine noch in die andere Richtung“ – etwa über die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen. "Das heißt, dass vor allem junge Menschen von einem Job in den nächsten stolpern“, sagt Natascha Kohnen.

"Wir haben klar gesagt, wir wollen diese Befristungen abschaffen, aber von der Union immer gehört: Nein, das geht nicht. Da möchte ich wissen, wieso nicht.“

Der "Zwergenaufstand" macht Kohnen "ziemlich grantig"

Dass CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt den SPD-Vorsitzenden Martin Schulz in einem Interview aufgefordert hatte "den Zwergenaufstand“ in seiner Partei in den Griff zubekommen, mache sie "ziemlich grantig“, so Kohnen. In Richtung Dobrindt könne sie nur sagen: "Er soll sich einfach zurückhalten und sich um seine eigene Partei kümmern. So etwas brauchen wir nicht. Das ist unsäglich.“

Diesen Sonntag werden 600 SPD-Delegierte auf einem Sonderparteitag in Bonn darüber abstimmen, ob ihre Partei den nächsten Schritt in Richtung Regierungsbildung machen soll. "Ich glaube, dass es echt knapp wird“, sagt Natascha Kohnen, selbst keine große Freundin einer GroKo-Neuauflage.

Dennoch würde die Münchnerin den eingeschlagenen Weg gerne weiterbeschreiten. "Ich finde, dass es sich lohnt, in Koalitionsverhandlungen zu gehen“, sagt sie. "Ich will reden – und danach entscheide ich auch nochmal.“

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