Narren feiern Franken-Fastnacht: und Barbara Stamm
Veitshöchheim (dpa/lby) - "Franken helau, lau, lau" - als Musiker Matthias Walz zur Melodie des Sommerhits "Bella Ciao" ein Loblied auf Franken singt, hält es die Zuschauer der "Fastnacht in Franken" nicht auf den Stühlen. Sie schunkeln, singen, klatschen. Die Stimmung war gut am Freitagabend bei der Faschings-Sendung des Bayerischen Rundfunks (BR) aus Veitshöchheim (Landkreis Würzburg).
Viele Tränen gab es am Ende - nach über dreieinhalb Stunden: Die ehemalige Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU), Stammgast der Franken-Fastnacht, wurde mit einem Lied für ihr Lebenswerk geehrt. Und sie war sehr gerührt. Die Tränen liefen immer stärker, als immer mehr Künstler in blauen Kleidern auf der Bühne auftauchten, inklusive Bauchrednerpuppe Nilpferd Amanda. Blau gilt als Lieblingsfarbe Stamms.
Eine weitere Überraschung war das "Kostüm" des stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler): Er trug wie Regierungs-Chef Markus Söder (CSU) gediegen Smoking und Fliege. BR-Fernsehdirektor Reinhard Scolik hingegen war aufwendig als Modedesigner Rudolph Mooshammer kostümiert. Auch die beiden Fraktionsvorsitzenden der Grünen ließen Kreativität walten: Ludwig Hartmann kam als "Artenretter"-Superheld und Katharina Schulze als Avatar. Ex-Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte sich in Mister Spock verwandelt - und war kaum zu erkennen. Die Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär (CSU), war wie Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) als "Herzdame" verkleidet.
Elf der zwölf Minister im Freistaat waren bei der Prunksitzung des Fastnachtverbandes Franken anwesend. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) hatte kurzfristig abgesagt. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) blieb wie im Vorjahr - als er noch bayerischer Ministerpräsident war - der Veranstaltung fern.
Die Prunksitzung des Fastnacht-Verbands Franken wird seit 1987 live im BR ausgestrahlt, seit 1988 aus Veitshöchheim. Sie ist seit Jahren die erfolgreichste BR-Sendung. Dieser Trend setzte sich auch in diesem Jahr fort: Deutschlandweit sahen 3,79 Millionen Menschen das Ereignis. In Bayern schauten sich 2,2 Millionen Menschen die Live-Sendung an. Das entspricht dem Sender zufolge einem Marktanteil im Freistaat von 50,1 Prozent. Damit sei die jüngste Ausgabe der "Fastnacht in Franken" die drittbeste BR-Sendung seit 1991 gewesen, sagte eine Sprecherin. Der Rekord liegt bei knapp 4,5 Millionen Zuschauern im Jubiläumsjahr 2017.
Besonders oft bekamen erwartungsgemäß Markus Söder und Hubert Aiwanger ihr Fett weg. In den Bühnennummern wurde über vieles hergezogen, was den Freistaat oder Deutschland in den vergangenen Monaten bewegte: Bayerns Raumfahrtprogramm Bavaria One, der Kreuzerlass und das Polizeigesetz ebenso wie die Datenschutzgrundverordnung, der Missbrauch in der Kirche, Schlepperbanden und Brexit - und immer wieder die Wahlverluste bei SPD und CSU.
Einladungen zur Franken-Fastnacht erhalten unter anderem Minister des Freistaats und Fraktionsvorsitzende sowie aus Franken stammende Bundesminister und Staatssekretäre. Auch Geistliche waren geladen, etwa der Würzburger Bischof Franz Jung, Altbischof Friedhelm Hofmann und der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm.
Zudem präsentiert der BR bei der Fastnacht gezielt eigene Prominenz, diesmal unter anderem Franken-Tatort-Schauspieler Andreas Leopold Schadt, verkleidet als Panzerknacker. Schauspielerin Carina Dengler,- bekannt aus der BR-Sendung "Dahoam is Dahoam", sang das Eingangslied. Dengler stammt aus der Oberpfalz, die bei der "Fastnacht in Franken" normalerweise durch den Kakao gezogen wird - aber auch Minderheitenschutz genießt.
Die fränkische Hassliebe zur Oberpfalz zeigte sich vor allem bei der Altneihauser Feierwehrkapell'n. In diesem Jahr brachte das Publikum der "Skandalkapelle" besonders große Sympathie entgegen - nicht selbstverständlich, nachdem die Musiker 2018 mit Spitzen gegen das Alter der französischen Präsidentengattin Brigitte Macron angeeckt waren.
Tänzerischer Höhepunkt war eine Formation aus zehn Deutschen Meisterinnen, die jüngste elf, die älteste 44 Jahre (Deutsche Meisterin 1986) alt. Seit August hatten die Tänzerinnen geübt. Neu dabei waren die Turner der Schwarzen Elf aus Schweinfurt. Sie bauten akrobatische Menschentürme und erhielten tosenden Applaus.
Gewohnt gut kam beim Publikum der politische Büttenredner Peter Kuhn mit seinem Gedicht über deutsche Sicherheitsvorschriften an ("Lieber hier beim Tusch gepfuscht als in der Kirche viel vertuscht"). Standing Ovations erhielt der Kabarettist Klaus Karl-Kraus (KKK genannt). Der Kabarettist, Musiker und Publikumsliebling Michl Müller spielte einen Paketboten.
Die Fürther Komödianten Volker Heißmann und Martin Rassau traten unter anderem als Touristenpaar auf - statt in ihrer Paraderolle als Witwen. Erneut dabei waren auch die Amorbacher Klostersänger, Ines Procter, Oti Schmelzer, Oliver Tissot und Bauchredner Sebastian Reich mit Nilpferd Amanda sowie als Sitzungspräsident der Stimmenimitator Bernd Händel aus Nürnberg.
Von ihm initiiert, schallte etwa 30 Mal ein "Helau" durch die Mainfrankensäle in Veitshöchheim, die Rufe aus dem "Franken Helau"-Lied nicht mitgezählt. Die "Fastnacht in Franken" soll auch in den kommenden Jahren aus Veitshöchheim gesendet werden. BR und Gemeinde haben den Vertrag bis 2024 verlängert.