«Nackte Gewalt» bei Hamburger Mai-Krawallen

Hamburg/Berlin (dpa) - Die seit Jahren brutalsten Krawalle im Umfeld einer Neonazi-Demonstration hätten nach Einschätzung der Hamburger Polizei am 1. Mai zu Todesfällen führen können. «Wenn sich die Polizei nicht dazwischen geworfen hätte, dann hätte es Tote gegeben», sagte Einsatzleiter Peter Born.
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Polizisten räumen in Hamburg eine brennende Barrikade.
dpa Polizisten räumen in Hamburg eine brennende Barrikade.

Hamburg/Berlin (dpa) - Die seit Jahren brutalsten Krawalle im Umfeld einer Neonazi-Demonstration hätten nach Einschätzung der Hamburger Polizei am 1. Mai zu Todesfällen führen können. «Wenn sich die Polizei nicht dazwischen geworfen hätte, dann hätte es Tote gegeben», sagte Einsatzleiter Peter Born.

Besonders von den Rechtsextremisten sei «nackte Gewalt» ausgegangen, betonte Born am Freitag bei seiner Bilanz in der Hansestadt. Polizeigewerkschafter gaben eine Mitschuld dem Hamburger Oberverwaltungsgericht (OVG), das Auflagen aufgehoben hatte.

In Nürnberg verlief eine Demonstration von knapp 10 000 Menschen gegen einen NPD-Aufmarsch weitgehend friedlich. In Berlin zogen Polizeipräsident Dieter Glietsch und Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Freitag trotz einzelner Gewaltausbrüche und Krawalle von Linksautonomen eine vergleichsweise positive Bilanz. In der Walpurgisnacht und am 1. Mai wurden in der Hauptstadt insgesamt 162 Menschen festgenommen, 92 sollten einem Haftrichter vorgeführt werden. 103 Polizisten wurden durch Stein- oder Flaschenwürfe verletzt - im vergangenen Jahr waren es 130 gewesen.

Glietsch, der am Abend des 1. Mai im Stadtteil Kreuzberg von Randalierern angegriffen und von Leibwächtern in Sicherheit gebracht worden war, wies Vorwürfe zurück, er habe durch seine Anwesenheit selbst Gewalt provoziert. Körting betonte, der Trend der vergangenen Jahre - weg von Straßenschlachten hin zu einem friedlichen 1. Mai - habe sich fortgesetzt. Er betonte aber: «Der Spuk ist noch nicht vorbei.»

In Hamburg richteten die Randalierer erhebliche Schäden an, deren Höhe am Freitag zunächst nicht feststand. So gingen mehrere Autos und ein Reifenlager in Flammen auf, Geschäfte und Cafes wurden beschädigt. Nach den Ausschreitungen im Stadtteil Barmbek gab es auch in der Nacht zum Freitag im Schanzenviertel Zusammenstöße zwischen Polizei und Autonomen. Rund 2500 Beamte waren im Einsatz. 30 Polizisten wurden den Angaben zufolge verletzt. Es gab 59 Festnahmen.

Hamburg Polizeipräsident Werner Jantosch unterstrich die hohe Gewaltbereitschaft sowohl auf linker als auch auf rechter Seite. «Die Aggression war so hoch, dass es auch Schwerstverletzte oder Tote hätte geben können.» Das Auftreten eines sogenannten autonomen nationalistischen Blocks kenne er bislang nur aus den neuen Bundesländern, sagte Jantosch. Von den rund 1500 versammelten Rechtsextremisten rechnete er rund 200 diesem Block zu.

Rund 6600 Menschen hatten gegen den Aufzug der Neonazis in dem traditionellen Hamburger Arbeiterviertel demonstriert. Jantosch sagte, viele der Gewalttäter seien aus anderen Bundesländern und Staaten angereist. Von 59 Festgenommenen stammten lediglich 15 aus Hamburg. Die meisten seien auch sehr jung gewesen.

Der Hamburger Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders, sagte am Freitag: «Die Gewalteskalation ist mitverschuldet durch die OVG-Entscheidung, die die Polizeiauflagen aufgehoben hat und für beide Gruppen die gleiche Marschroute zuließ.» Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, warf der Justiz vor, die Einsatzkräfte «in ein Kreuzfeuer linker und rechter Gewalt» geschickt zu haben. Zuvor hatte schon Hamburgs Innensenator Udo Nagel (parteilos) den Richtern eine Mitschuld an der Eskalation der Gewalt gegeben.

In Nürnberg warfen bei einer Abschlusskundgebung der NPD am Donnerstag Gegendemonstranten vereinzelt Eier, Flaschen und Milchtüten auf die rund 1500 Extremisten. Zur Auseinandersetzung zwischen Polizei und militanten NPD-Gegnern kam es, als diese versuchten, die Polizeikette zu durchbrechen. Insgesamt gab es 25 Verletzte, darunter 16 Polizisten. 48 Personen wurden vorübergehend festgenommen.

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