Nachbar schießt auf 14-Jährige
PASSAU - Auf der Anklagebank sieht er gar nicht mehr wie der böse Nachbar aus, der wegen eines lärmenden Rasenmähers gleich zur Waffe greift. Graues Sakko, kariertes Hemd, gesenkter Blick. „Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, wie es soweit kommen konnte“, sagt er reumütig. Gegenüber sitzt das Opfer, ein blondes, schüchternes Mädchen. Für die 14-jährige war er bis dahin ein Phantom, vor dem sie Angst hat.
Am 25. August 2011 rastet Alfred S. (53) aus. Der arbeitslose Werbefachwirt und Gewohnheitstrinker schießt mit einer Luftdruckpistole auf Anna, weil er sich beim Nachmittagsschlaf gestört fühlt.
Vom einem Passauer Amtsrichter bekommt er jetzt die Quittung. Ein Jahr und acht Monate auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitzes sind noch mäßig – verglichen mit den Auflagen: Er muss dem Opfer Schmerzensgeld von 3000 Euro zahlen, hat absolutes Alkoholverbot, die Fahrerlaubnis und den Waffenschein verloren – und wird verpflichtet, dass Umfeld des Opfers zu verlassen. Er muss sich eine andere Wohnung nehmen, mindestens 500 Meter vom Tatort entfernt, erklärt der Richter.
Schlimmer als die schmerzvolle centstückgroße Hautplatzwunde am Rücken sind für das Mädchen die posttraumatischen Folgen. Sie leidet bis heute an Schlafstörungen und unter Angst. „Wenn ich das Haus verlasse, schaue ich in jedem Fall, ob die Jalousien bei diesem Nachbarn geschlossen sind“, erzählt sie.
Von seinem 25 Meter entfernten Balkon aus hatte der mit 2,5 Promille alkoholisierte Schütze auf die Schülerin gezielt. Das Mädchen wollte seiner Mutter einen Gefallen tun, mähte mit dem Elektrorasenmäher den Garten.
Das milde Urteil verdankt Alfred S. seinem Geständnis, einem Entschuldigungsbrief und einer 15-wöchigen Suchttherapie. Er unterzog sich ihr freiwillig.