Nach Kyocera-Einstieg: Das blieb übrig von Triumph-Adler

Japanischer Elektronik-Riese will die Traditionsfirma übernehmen. Die Nürnberger blicken auf eine 113-jährige Geschichte zurück.
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Seit 35 Jahren bei der Nürnberger Firma Triumph-Adler: der Ingenieur Werner Engelhardt. Gekündigt wurde ihm bereits dreimal – aber er wurde immer wieder eingestellt.
Berny Meyer 2 Seit 35 Jahren bei der Nürnberger Firma Triumph-Adler: der Ingenieur Werner Engelhardt. Gekündigt wurde ihm bereits dreimal – aber er wurde immer wieder eingestellt.
Farbrausch: Die Werbung für den Triumph-Volkscomputer aus dem Jahr 1972 – damals ein echter Verkaufsschlager.
Berny Meyer 2 Farbrausch: Die Werbung für den Triumph-Volkscomputer aus dem Jahr 1972 – damals ein echter Verkaufsschlager.

NÜRNBERG - Japanischer Elektronik-Riese will die Traditionsfirma übernehmen. Die Nürnberger blicken auf eine 113-jährige Geschichte zurück.

„Manchmal war es schon hart“, sagt Werner Engelhardt, „wenn man nicht weiß, wie man seine Familie im nächsten Jahr versorgen soll.“ Dann denkt er eine Sekunde nach und sagt: „Aber alles in allem hatte ich ein erfülltes Leben hier bei Triumph-Adler“. Werner Engelhardt kann das mit Recht sagen. Er ist 63 Jahre alt und seit 35 Jahren bei Triumph Adler in Nürnberg angestellt. Allerdings wurde ihm auch dreimal gekündigt: bei fast jeder Firmen-Krise. Von denen gab es etliche, genau wie Eigentümer. Werner Engelhardt hat alle Höhen und Tiefen einer ehemaligen Weltfirma erlebt – die jetzt in Nürnberg noch 60 Leute beschäftigt.

In den 70ern war Triumph Adler Weltspitze

Als der Ingenieur Werner Engelhardt bei Triumph Adler (TA) angefangen hat, da hatte TA noch über 3000 Mitarbeiter – alleine in Nürnberg. Und es wurden in den folgenden Jahren noch mehr. Über 4000 Menschen verdienten ihr Brot bei der jetzt 113 Jahre alten Firma. „Triumph Adler war Mitte der 70er Jahre weltweit die Nummer eins bei den BüroComputern und die Nummer eins bei den Tisch- und Taschenrechnern in Europa“, erklärt der Firmen-Historiker und Autor Frank Lämmel. Damals machte TA einen Großteil seines Gewinns mit Schreibmaschinen. Die trugen so klangvolle Namen wie Tippa, Compacta oder Gabriele.

Fusioniert wurden Triumph und Adler von Max Grundig

Gegründet wurde die Firma Triumph 1896 von Siegfried Bettmann (1863-1951) in seiner Geburtsstadt Nürnberg, unter dem Namen „Deutsche Triumph Fahrradwerke Aktiengesellschaft“. 1909 begann die Schreibmaschinen–Produktion. Parallel dazu gründete 1880 Heinrich Kleyer (1853-1932) in Frankfurt die „Adler-Fahrradwerke“. Beide Firmen starteten mit der Fahrrad-Produktion, es folgten Schreibmaschinen, Motorrädern und Autos. Der Fürther Industrielle Max Grundig fusionierte 1958 die beiden Firmen (siehe Kasten) zu Triumph Adler – und konzentrierte sich auf Schreibmaschinen und Bürogeräte.

Eine Welt-Firma

TA entwickelte 1979 den „alphatronic“ – einen ersten PC, den es noch vor amerikanischen IBM-Geräten zu kaufen gab. Doch der Technologie-Vorsprung der Deutschen schrumpfte. Der Mikrochip schließlich besiegelte den Absturz der einstigen Welt-Firma mit mehr als 10000 Mitarbeitern. Trotz aller technischer Verbesserungen hängte der Computer die Schreibmaschinen ab. Produziert wird in Nürnberg schon lange nicht mehr: Für TA stellt die japanische Firma Kyocera die Geräte her – in China. TA selbst hat den Sitz in den Süd-West-Park verlegt. Das Gelände an der Fürther Straße wurde bereits von dem Vor-Besitzer Olivetti verkauft. Heute sind auf dem ehemaligen Firmengelände Klein-Unternehmen und Muckibuden angesiedelt.

Heute ist TA wieder deutscher Marktführer

60 Mann arbeiten heute für TA in Nürnberg an „Dokumenten-Lösungen“. Was das ist, kann Vorstand Robert Feldmeier erklären. „Um es salopp zu sagen: Wir beschmutzen seit 113 Jahren Papier. TA bietet Rund-Um-Lösungen für alle Formen von Dokumenten an, also für’s Faxen, Scannen, Drucken und Kopieren.“ Der Clou laut Feldmeier: „Wir bieten alles aus einer Hand an, auch den Service. Die einzigen Kosten, die der Kunde hat, sind die Fixkosten für die gedruckte Papier-Seite.“ Das ist für viele Mittelständler interessant – mit über 200000 Geräten bei 34000 Kunden ist TA wieder deutscher Marktführer im Dokumenten-Business – bei 420 Millionen Euro Umsatz im letzten Jahr. Für die vielen Kunden hat TA mittlerweile rund 1500 Mitarbeiter in ganz Deutschland. „Wir arbeiten dezentral, nah am Kunden.“ Näher an TA ist jetzt der Elektronik-Riese Kyocera. Die Japaner wollen ihren Aktienanteil laut Feldmeier auf 60 bis 65 Prozent erhöhen. Doch er hat keine Angst davor, dass TA wieder einmal geschluckt wird. „Wir haben eine Absprache, dass Marke und Gesellschaft erhalten bleiben.“ mm

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