Nach Gewaltexzessen in Berlin: Mehrheit der Deutschen hat Sorge vor dem Freibad-Besuch – so ist die Lage in München
Kempten/München - Das Columbia Freibad in Berlin-Neukölln sorgt derzeit für hitzige Diskussionen. Nach zahlreichen Übergriffen, bei denen das Personal wiederholt geschlagen, beleidigt und bespuckt wurde, blieb das Bad für mehrere Tage geschlossen.
Und Berlin reagiert auch in der Fläche: Mittlerweile ist der Eintritt in Freibädern nur noch mit Ausweis möglich. Das teilten die Berliner Bäder-Betriebe kürzlich mit.
Umfrage: Mehrheit der Deutschen hat Sorge vor Freibad-Besuch
58 Prozent der Deutschen haben derzeit Sorge, ein Freibad zu besuchen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen, repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der "Zeit", das in der aktuellen Ausgabe veröffentlicht wurde. Demnach stimmen 58 Prozent der Deutschen der Aussage zu: "Ich habe aufgrund der aktuellen Meldungen über Schlägereien in Freibädern Sorge, eines zu besuchen." Gut ein Drittel (34 Prozent) ist gegenteiliger Meinung.

Freibäder in Bayern: Auch hier wird gegrapscht
Auch in Bayern kommt es immer wieder zu Vorfällen in Schwimmbädern. Im Nürnberger Westbad etwa klickten kürzlich die Handschellen, weil ein Mann gleich neun Mädchen belästigt und sie unsittlich berührt hatte. Herrschen auch im Freistaat Neuköllner Verhältnisse, sprich: Gibt es flächendeckend Probleme mit Gewalteskalationen oder hat man hier noch alles im Griff? Die AZ hat nachgefragt.
Große Probleme mit renitenten Gruppen Jugendlicher gibt es offenbar in Kempten, genauer: im Campo Mare Freibad. Den ersten Vorfall gab es 2018, sagt Daniela Pletzer, Leiterin Marketing und Kommunikation des Bades, der AZ. Als ein Mitarbeiter eine Gruppe Jugendlicher aufforderte, nicht vom Beckenrand zu springen, fand er sich kurz darauf in einem Rudel von etwa 30 Jugendlichen wieder. Diese beleidigten und bespuckten den Mitarbeiter.
Kempten: Freibadaufsicht wird bedroht
Immer wieder kommt es laut Pletzer zu solchen Fällen, in denen sich mehrere Jugendliche zusammentäten, Aufsichtskräfte einschüchterten oder bedrohten. In solchen Fällen müsse dann auch die Polizei informiert werden. Laut Pletzer handelt es sich dabei vor allem um Jugendliche mit Migrationshintergrund.
Nach dem Vorfall habe man begonnen, bestimmte Deeskalationsschulungen für die Badmitarbeiter anzubieten. Auch deshalb käme es bisher noch nicht zu Personalausfällen, so wie es derzeit in Berlin der Fall ist. Insgesamt, sagt Pletzer, halte es sich noch in Grenzen und bei den Rudelbildungen gehe es meist um Einzelfälle. Dennoch könne man definitiv fehlenden Respekt gegenüber Autoritätspersonen wahrnehmen, der vermehrt zu Problemen führe.
In Münchens Freibädern wird der Ton immer rauer
In München blieben größere Konflikte bis jetzt aus. Kleinere Streits und Zwischenfälle seien, angesichts hoher Besucherzahlen, schlicht nicht zu vermeiden, sagt Doris Betzl von den Stadtwerken München, auf AZ-Anfrage.
"Freibäder sind ein halböffentlicher Raum, an dem sich ein Publikum in großer Menge mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen trifft." Dennoch sei man zufrieden mit der Lage in den Freibädern der Landeshauptstadt.
Aber: "Unser Personal vor Ort berichtet auch, dass der Umgangston immer angespannter und rauer wird", sagt sie. Das Personal bekomme hierfür bestimmte Schulungen, die Eskalationen vermeiden sollen.
Antrag im Stadtrat: Wie sicher sind die Freibäder in München?
Das Thema erreicht nun auch den Münchner Stadtrat: In einem Antrag an OB Dieter Reiter (SPD) möchte Hans Theiss von der CSU wissen, wie sicher Münchens Freibäder sind. So soll unter anderem die Statistik zu Gewalt- und Belästigungsdelikten offengelegt werden. Außerdem möchte Theiss wissen, wie die Sicherheitsstrategie der Münchner Bäder aussieht. Damit zusammenhängend lautet eine Frage im Antrag: "Gibt es spezielle Sicherheitskonzepte für Besucherinnen (wie z.B. safe spaces, speziell geschultes Personal etc.)?"
Security-Mitarbeiter in Bamberger Freibad eingesetzt
In Bamberg setze man schon seit Jahren einen privaten Sicherheitsdienst ein, um an Tagen mit besonders vielen Besuchern die Lage in den Griff zu bekommen. Es gibt laut Jan Giersberg von den Stadtwerken Bamberg zwar vereinzelt Konflikte in Bädern mit gewisser Sozialstruktur, dennoch sollte man diese nicht überbewerten.
Deeskalationsschulungen für Personal sollen helfen
Auch in diesen Bädern helfen der Sicherheitsdienst und ein erhöhter Personalstand. Die Situation sei bis jetzt generell "relativ entspannt". Im Freibad Ingolstadt habe man die Lage im Griff, sagt Betriebsleiter Roland Regler der AZ. Sein Personal sei in Sachen Deeskalation so geschult, dass Konflikte weitgehend vermieden werden. Man habe auch zusätzliche Schulungen zum Umgang mit Flüchtlingen angeboten, die Erfolge zeigten. Werde einmal ein Hausverbot ausgesprochen, dann werde dies auch meist akzeptiert und eingehalten.
Neben den üblichen Einsätzen wie Diebstählen oder Hausfriedensbrüchen, die sehr selten vorkämen, müsse man so gut wie nie die Polizei einschalten. Die Polizeipräsidien selbst geben auf Nachfrage der AZ größtenteils ebenfalls Entwarnung. Insgesamt habe man es nur mit einer Handvoll Gewalttaten zu tun, heißt es weitgehend übereinstimmend. Auch die Anzahl der Einsätze in Badeanstalten ginge nicht über die an sonstigen Orten mit vielen Menschen hinaus. Das Credo: Von Zuständen wie in Berlin ist man in Bayern noch weit entfernt.
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