Nach Geisterfahrt auf der A95: Unfallforscher Siegfried Brockmann im Interview

Ein 80-Jähriger rammt bei einer Geisterfahrt auf der A95 zwei Fahrzeuge. Ein Unfallforscher spricht über Gefahren im Straßenverkehr durch ältere Menschen.
von  Interview: Lisa Marie Albrecht
Ein nicht ortskundiger Taxifahrer ist am Montagabend versehentlich falsch auf die Richtungsfahrbahn der A95 - zwischen den Anschlussstellen Wolfratshausen und Seeshaupt kam es zum Unfall. Rechts im Bild: Unfallforscher Siegfried Brockmann.
Ein nicht ortskundiger Taxifahrer ist am Montagabend versehentlich falsch auf die Richtungsfahrbahn der A95 - zwischen den Anschlussstellen Wolfratshausen und Seeshaupt kam es zum Unfall. Rechts im Bild: Unfallforscher Siegfried Brockmann. © Thomas Gaulke, UDV/dpa-tmn

München - Am Montagabend ist ein 80 Jahre alter Taxler als Geisterfahrer auf der A95 (München-Garmisch-Partenkirchen) in zwei entgegenkommende Fahrzeuge gerast. Der gelernte Kfz-Mechaniker Siegfried Brockmann (59) ist Leiter der Unfallforschung der Versicherer und ordnet den schlimmen Unfall in die aktuelle Diskussion über ältere Verkersteilnehmer ein.

AZ: Herr Brockmann, im aktuellen Fall des 80-Jährigen war wohl Unterzuckerung schuld. Warum ist das so gefährlich?
SIEGFRIED BROCKMANN: Extreme Unterzuckerung kann bis zur Bewusstlosigkeit führen. In der Regel sind medizinische Probleme wie Diabetes aber sehr gut lösbar. Das sage ich deswegen, weil die Öffentlichkeit sich bei Senioren gerne darauf konzentriert. Das ist aber nicht das Problem.

Sondern?
Senioren können Situationen schwerer erfassen, etwa in komplexen Kreuzungssituationen. Das Alter allein hat aber keine Aussagekraft.

Brockmann: "Wir schauen nach vorne"

Viele Automobilverbände sind der Meinung, Senioren im Straßenverkehr stellen kein Problem dar.
Jenseits der 75 haben wir derzeit relativ wenig Führerscheinbesitzer auf der Straße. Aber der Generationenbaum ist noch halbwegs intakt. Wir schauen nach vorne.

Sind Senioren häufiger schuld an Unfällen?
75 Prozent der Unfälle, an denen sie beteiligt sind, haben sie selbst verursacht.

Was kann man künftig tun?
Wir haben eine qualifizierte Rückmeldefahrt vorgeschlagen. Das heißt, Senioren sollen verpflichtend mit einem Profi eine Runde fahren und gesagt bekommen, wie es steht. Und dann selbst entscheiden, wie sie damit umgehen.

Und Sie glauben, dass sie den Führerschein dann abgeben?
Nein. Das ist aber auch nicht nötig. Sie müssen sich nur anpassen an das, was ihnen gesagt wurde. Im Extremfall kann das bedeuten, dass sie das Auto nicht mehr nutzen. Man kann aber auch sagen, dass sie nicht mehr in der Innenstadt fahren, aber draußen auf dem Land. All diese Dinge können dabei herauskommen.

 

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