Nach der Wahl:Wie schnell wird die neue Landesregierung gebildet?

München - In den vergangenen Jahrzehnten war die Wahl eines bayerischen Ministerpräsidenten eine ziemlich langweilige Angelegenheit. Die CSU wählte mit ihrer absoluten Mehrheit (Ausnahme: 2008) einen der ihren zum Regierungschef und fertig. Interessant war allenfalls, ob alle Mitglieder der christsozialen Fraktion bei der Stange geblieben waren. Das dürfte sich diesmal ändern.
Denn nach übereinstimmenden Umfragen liegt die CSU in der Wählergunst 13 bis 15 Prozent unter ihrem Ergebnis vom letzten Wahlgang (47,7 Prozent). Selbst wenn sich alle Meinungsforscher grandios verschätzen, so ist es extrem unwahrscheinlich, dass die CSU ihre absolute Landtagsmehrheit behaupten kann. Das Meinungsforschungsinstitut Civey verortete die Regierungspartei drei Tage vor der Wahl bei desaströsen 32,9 Prozent.
CSU könnte einen odert sogar zwei Partner benötigen
Das bedeutet: Die Regierungsbildung wird die CSU aller Wahrscheinlichkeit nach nicht unter sich ausmachen können, sondern dazu einen, womöglich sogar mehrere Partner benötigen. Das war schon 2008 der Fall, doch damals verfehlten die Christsozialen die absolute Parlamentsmehrheit nur um eine Stimme. Die FDP erwies sich damals als zwar nicht ganz unproblematischer, aber williger Partner, mit der man rechtzeitig handelseinig werden konnte.
Rechtzeitigkeit ist wichtig. Denn die Verfassungslage in Bayern setzt die Politik bei der Regierungsbildung – anders als auf Bundesebene – unter Zeitdruck.
Landtag muss spätestens 22 Tage nach der Wahl zusammentreten
Die Landesverfassung schreibt vor, dass der neugewählte Landtag spätestens 22 Tage nach der Landtagswahl zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentritt. Spätestens sieben Tage später muss er einen neuen Ministerpräsidenten wählen. Das bedeutet: Nach dem Wahlsonntag ist gerade einmal ein Monat Zeit, um ein Regierungsbündnis zu schmieden. Für monatelange Sondierungen ist da kein Platz.
Wird der Zeitplan nicht eingehalten, droht Schlimmes: "Kommt die Neuwahl (des Ministerpräsidenten) innerhalb von vier Wochen nicht zustande, muss der Landtagspräsident den Landtag auflösen", bestimmt Absatz 5 des Artikels 44 der Bayerischen Verfassung (BV). Die Bestimmung bietet zwar Raum für Restzweifel, weil sie nur als Spezialregelung für den Rücktritt eines Regierungschefs verstanden werden könnte, nach überwiegend herrschender Meinung aber gilt sie auch und gerade für den Fall, dass sich ein neugewählter Landtag nicht auf einen Ministerpräsidenten einigen kann.
Keine Zeit für eine Palastrevolution
Die Verfassungslage könnte sich für den amtierenden Ministerpräsidenten und CSU-Spitzenkandidaten Markus Söder (CSU) als Glück im Unglück erweisen.
Denn der von ihr verordnete Zeitdruck verbietet Personaldebatten, selbst wenn die CSU katastrophal schlecht abschneiden sollte. Für eine Palastrevolution in der CSU, die mehr hinwegfegt als – wie erwartet – Parteichef Horst Seehofer ist da schlichtweg keine Zeit. CSU-Ehrenvorsitzender Edmund Stoiber machte dies unlängst deutlich: "Nach der Bayerischen Verfassung muss vier Wochen nach der Landtagswahl die neue Regierung stehen. Und das ist dann die entscheidende Aufgabe unseres Ministerpräsidenten."
Wahl des Ministerpräsidenten - Enthaltungen wirken sich als Nein-Stimmen aus
Auch die Wahl des Ministerpräsidenten selbst könnte diesmal keine Routine werden. Nach der Geschäftsordnung des Landtags ist der Kandidat gewählt, der in geheimer Abstimmung mehr als die Hälfte der "gültigen Stimmen" erhält. Enthaltungen sind "gültige Stimmen". Wenn nur ein Kandidat zur Wahl steht, wirken sich Enthaltungen daher als Nein-Stimmen aus.
Aber auch für den Fall, dass es mehrere Anwärter für das Amt des Regierungschefs gibt, hat die Geschäftsordnung vorgesorgt: In diesem Fall kommt es zu einer Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den meisten Stimmen, vielleicht zwischen Markus Söder und Ludwig Hartmann von den Grünen.
Und wenn dann beide Bewerber auch noch gleich viele Stimmen erhalten, entscheidet das Los. Es bleibt also spannend. Auch nach der Wahl.