Nach dem Loveparade-Schock: Wie sicher ist es bei uns?

Die Tragödie von Duisburg wirft Fragen auf: Kann das auch hier passieren? Veranstalter großer Events sorgen vor
von  Abendzeitung
Das letzte Bardentreffen im Burggraben: Weil die Polizei Sicherheitsbedenken hatte, wurde dieser Veranstaltungsort gestrichen.
Das letzte Bardentreffen im Burggraben: Weil die Polizei Sicherheitsbedenken hatte, wurde dieser Veranstaltungsort gestrichen. © Berny Meyer

NÜRNBERG - Die Tragödie von Duisburg wirft Fragen auf: Kann das auch hier passieren? Veranstalter großer Events sorgen vor

Über 50.000 Menschen lauschten am Sonntag im Luitpoldhain den Nürnberger Philharmonikern. Dicht an dicht saßen sie auf ihren Picknickdecken. Zum Bardentreffen (30. Juli bis 1. August) werden 200.000 Menschen erwartet, die sich durch die Nürnberger Innenstadt schieben. Und über 60 000 rocken jährlich auf Rock im Park ab.

Das sind zwar jeweils viel weniger Besucher als bei der Love Parade in Duisburg. Aber bei jedem Event in diesen Größenordnungen kann theoretisch eine Massenpanik ausbrechen. Das wissen auch die hiesigen Veranstalter. Sie arbeiten daher gewissenhaft mit den örtlichen Einsatzkräften, Ordnungshütern und Rettungskräften zusammen. Das größte Problem ist immer Platzmangel und Enge. „Großes Gedränge fördert Frust und ist deshalb gefährlich“, weiß auch Andreas Radlmaier, Veranstaltungs-Koordinator der Stadt. „Gerade wenn Eingänge verstopft sind, ist das für viele ein Signal, sich selbst anderweitig Zugang zu verschaffen.“ Die Leute suchen sich irgendwelche Schlupfwinkel, steigen über Zäune oder Gerüste wie in Duisburg. Dadurch wird die Situation schnell unübersichtlich und chaotisch.

Der Burggraben wurde beim Bardentreffen zu unsicher

Um eine mögliche Todesfalle wie dort zu verhindern, musste in Nürnberg vor einigen Jahren der Burggraben als Spielort des Bardentreffens aufgegeben werden. Denn das Festival wurde immer beliebter. Irgendwann sagte die Polizei Stopp – weil sie nicht mehr garantieren konnte, die Menschen im Notfall sicher aus dem einzigen Ein- und Ausgang des Grabens zu bekommen. Am Sonntag war die Situation komplett anders. Denn auf dem Klassik Open-Air ist der Spielort „von allen Seiten offen und frei zugänglich“, bestätigte nach der Sicherheitsbegehung auch die Feuerwehr. „Ähnlich wie beim Bardentreffen“, so Radlmaier. Trotzdem gebe es auch hier Konzepte für den Ernstfall. Radlmaier: „Wir haben unter anderen einen Sicherheitsstreifen eingerichtet, der durch die Mitte der Wiese führt. Sollte doch etwas passieren, kommen auf diesem Weg die Rettungskräfte schnell durch.“ Und er entspannt die Nerven der Besucher, weil sie so ohne Hindernisse zu den Toiletten und Ständen können. „Außerdem versuchen wir generell, Absperrungen wegzulassen.“

Das geht bei Mega-Events wie Rock im Park natürlich nicht. Schon allein wegen der Sicherheitskontrollen. Wolfgang Thiel von RIP-Veranstalter Argo: „Wir können nichts dem Zufall überlassen, überprüfen ständig unser Sicherheitskonzept.“ Für krasse Notfälle wie Bombendrohungen liege ein akribischer „Havarieplan“ vor. Mit dem Hauptaugenmerk, die Publikumsmassen unter Kontrolle zu behalten. Thiel: „Wir haben immer im Blick, wo und wohin sich die Massen bewegen und greifen ein, wenn irgendwo ein Stau droht oder sich Druck aufbaut. Zum Beispiel, indem wir Notausgänge öffnen. 15 Jahre Erfahrung auf dem Gelände helfen zudem, alles Wesentliche im Blick zu behalten.“

Die vielen Sicherheitsbegehungen vor einem Groß-Event würden oft belächelt, weiß auch Christopher Dietz, Veranstalter des Public Viewings auf der Wöhrder Wiese. „Wenn dann aber etwas passiert, ist der Teufel los.“ Auch hier existierte ein Notfallplan. „Vor allem aber“, so Dietz, „hielten wir uns an eine alte Faustregel: Pro Quadratmeter dürfen nicht mehr als zwei Menschen Platz finden.“ Alles, was darüber hinaus geht, wird auf einer eingezäunten Fläche unkalkulierbar. In Duisburg waren es 50 Quadratzentimeter pro Person.

Marlina Pfefferer

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