Nach dem JVA-Selbstmord: Beweisstücke vernichtet!
Ungereimtheiten im Prozess gegen den Knastarzt, der einen Häftling verbluten ließ. Jetzt bestellt er einen Privatgutachter
NÜRNBERG Der U-Häftling David S. (23) verblutete nach einem Suizidversuch in seiner Zelle. Hätte er gerettet werden können, wenn der Nürnberger Gefängnisarzt Dr. Kurt P. (61) anders reagiert und sofort einen Notarzt geholt hätte? Wegen fahrlässiger Tötung ist er zusammen mit einem damaligen Pfleger (23) vor dem Nürnberger Amtsgericht angeklagt. Am zweiten Verhandlungstag kamen einige Ungereimtheiten zur Sprache.
So ist strittig, wie stark der Armenier in der Nacht zum 16. Juli 2009 blutete – an beiden Ellenbogenbeugen hatte er sich mit einer Rasierklinge mehrere Adern durchschnitten. Wie stark waren Matratze und Decken getränkt vom Blut? Normalerweise werden derartige Beweisstücke aufgehoben bis zum Prozess. Doch in diesem Fall wurden sie gleich am Tag nach dem Vorfall im Müll entsorgt, nachdem die Kripo alle Spuren aufgenommen und fotografiert hatte.
Ein schockierter Zeuge musste in Therapie gehen
Doch auch hier gibt es Diskrepanzen: Denn ein Häftling sah wesentlich mehr Blutspuren am Gang und in der Zelle, als die Ermittler. Maik Z. (27) war wegen guter Führung Hausarbeiter auf dem Stockwerk, durfte verschiedene Tätigkeiten verrichten. In dem Fall wurde er von einem Wachmann geholt, um die Zelle B106 zu reinigen – die Blutlache am Boden, Bett und Wand, Waschbecken und Klo.
„Es war ein normaler Putzauftrag“, sagte der Zeuge gestern. Aber danach habe er sich immer mehr Gedanken gemacht, was da abgelaufen sei. Schließlich habe er es nicht mehr verkraftet, musste mit dem Gefängnispfarrer sprechen und „in Therapie gehen“.
Am 25. November kommen die Gutachter zu Wort, wie und ob Häftling David S. hätte gerettet werden können – der offizielle Gerichtsgutachter und ein vom angeklagten Gefängnisarzt beauftragter Anästesie-Professor aus Gießen.cis
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